Bundeswehr-Reform: Jetzt geht es ans Eingemachte
Zehn Jahre lang haben sich Politiker vor einer Reform des Armeeapparats gedrückt. Jetzt wird der Umbau zur Probe der inneren Erneuerungsfähigkeit Deutschlands. Von Walter Roller
Vor zehn Jahren hat die Weizsäcker-Kommission die Organisation von Verteidigungsministerium und Bundeswehr scharf gerügt. Das Urteil der neuen Strukturkommission fällt noch wesentlich schlechter aus. Es ist also ein ganzes Jahrzehnt verstrichen, ohne dass sich die Politik um eine Veränderung veralteter und ineffizienter Strukturen gekümmert hätte. Man hat das heiße Eisen lieber nicht angefasst. Umso größer ist nun der Reformbedarf.
Der vernichtende Befund der Kommission, die der militärischen und politischen Leitungsebene "nicht erfolgsfähige Strukturen" attestiert, zwingt zu einer grundlegenden Revision. Für den Minister zu Guttenberg bedeutet dies: Er hat es mit einer immer größer werdenden Baustelle zu tun. Der notwendige Umbau geht weit über das hinaus, was die Koalition ursprünglich im Schilde führte. Guttenberg sollte ein paar Milliarden einsparen. Da dieses Ziel jedoch mit ein paar kosmetischen Korrekturen nicht annähernd zu erreichen ist und die Armee überdies auf ihre neue Rolle als weltweit operierende Interventionstruppe getrimmt werden soll, ist der Minister früh aufs Ganze gegangen.
Ein erster großer Schritt ist ihm mit Bravour gelungen. Die Aussetzung der Wehrpflicht und die deutliche Verkleinerung der Bundeswehr, die der CSU-Politiker gegen starke Widerstände in den eigenen Reihen durchgesetzt hat, finden nicht nur den Beifall der Experten. Das Momentum dieses Erfolgs verbessert auch Guttenbergs Chance, die vor ihm liegende eigentliche Bewährungsprobe zu bestehen. Jetzt nämlich geht es um die konkrete Umsetzung der Reform und damit ans Eingemachte.
Die Vorschläge der Kommission, das Personal im Ministerium glatt zu halbieren und die Führungsstäbe der Armee radikal zu verdünnen, werden auf schärfste Widerstände stoßen. Dasselbe gilt für den Versuch, die teuren Rüstungsprojekte besser zu kontrollieren und das viele Geld sinnvoller zu nutzen. Der schwerfällige, überbesetzte Apparat wird sich mit Händen und Füßen gegen "schlankere, transparentere Strukturen" wehren. Auch zeigt das prompt anhebende Bonner Geschrei gegen eine mögliche Verlagerung des Ministeriums nach Berlin, dass Besitzstandsverteidigung auf dem Felde der Landesverteidigung besonders stark ausgeprägt ist.
So besehen geht es bei dieser Reform nicht nur darum, die Bundeswehr zur flexiblen Einsatzarmee umzuformen sowie sparsamer und effizienter zu führen. Die Reform wird auch zur Probe aufs Exempel, wie es um die innere Erneuerungsfähigkeit staatlicher Großorganisationen bestellt ist. Ein Ministerium, das seine Aufgaben mit deutlich weniger Bediensteten besser erfüllt: Das könnte, das müsste Schule machen in diesem überregulierten und überverwalteten Staat. Kommentar on Walter Roller
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