Chaos-Tage bei Siemens
Auch wenn Noch-Vorstands-Chef Peter Löscher Fehler gemacht hat, wäre ihm ein schönerer Abgang zu wünschen gewesen. Es gibt in der Management-Welt elegantere Methoden.
Siemens gleicht einem Haus voller Intrigen und Denunziationen. Beobachter fühlen sich im falschen Film. Das Unternehmen mit seinen 370000 Mitarbeitern gibt nicht das Bild eines rund um den Globus für seine Ingenieurkunst geachteten Riesen ab, sondern gleicht einer außer Rand und Band geratenen Zweitliga-Fußballtruppe. Solche Szenen kennt man von Chaos-Gebilden wie dem TSV 1860 München. Siemens spielt aber in der Champions League der Weltwirtschaft. Um dem Ruf des Unternehmens nicht noch größeren Schaden zuzufügen, muss rasch wieder Ruhe in den Münchner Anarchieverein einkehren. Ein Unternehmen, das Gasturbinen, Züge und medizintechnische Geräte verkauft, ist zur Seriosität und Verlässlichkeit verdammt. Offen ausgetragene Palastrevolutionen passen nicht zu diesen unerlässlichen Grundwerten.
Auch wenn Noch-Vorstands-Chef Peter Löscher Fehler gemacht hat, wäre ihm ein würdevollerer Abgang zu wünschen gewesen. Es gibt in der Management-Welt elegantere Methoden, sich von Unternehmens-Lenkern zu trennen. Die Verantwortlichen hätten den Vertrag des Österreichers nicht um weitere fünf, sondern nur um drei Jahre verlängern können. Die Methode haben die Daimler-Aufsichtsräte gewählt, um Konzern-Chef Zetsche zu signalisieren, dass er ihre Erwartungen nicht erfüllt.
Die Siemens-Verantwortlichen haben sich für das 1860-Chaos-Modell entschieden und sind erstaunt, dass Löscher kämpft. Und wie peinlich für die Konzern-Männer: Selbst die Kanzlerin ergreift Partei für den Manager, den sie als Berater überaus schätzt. Warum sollte Löscher gehen, wenn Cromme bleiben darf? Der Aufsichtsrats-Chef hat nicht weniger Fehler als der Konzern-Lenker begangen.
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