Die CSU und der Islam
Zu den Äußerungen des neuen Innenministers Hans-Peter Friedrich
Eigentlich hat Hans-Peter Friedrich nichts Neues gesagt, sondern nur seine altbekannte Position wiederholt. Es sei historisch nicht belegt, dass der Islam zu Deutschland gehöre. Und Deutschlands Leitkultur sei die christlich-jüdisch-abendländische Kultur. Dennoch hat er mit diesen wenigen Worten einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Denn es sprach nicht mehr der Chef der CSU-Landesgruppe, sondern der neue Innenminister, der die Politik der Bundesregierung nach innen wie nach außen vertritt. So ging es gleich ums Grundsätzliche: Bedeutet die Berufung eines CSU-Ministers einen Kurswechsel? Stellt die Regierung den Dialog mit den Muslimen in Deutschland infrage?
Von seinen Vorgängern Wolfgang Schäuble und Thomas de Maizière hat Friedrich auch die Islam-Konferenz geerbt, die in ihre entscheidende Phase geht. Bislang war die CSU bei diesem Thema fein raus, da sie an den Gesprächen nicht beteiligt war, konnte sie sich auf ihre populistischen Positionen zurückziehen: Deutschland ist kein Einwanderungsland. Und Multikulti ist gescheitert.
Nun aber steht ausgerechnet ein CSU-Minister in der Pflicht, den von seinen Vorgängern begonnenen Dialog mit den Muslimen fortzusetzen, mehr noch, konstruktive Lösungen für ein gedeihliches Miteinander zu finden. Mit schlichten Botschaften, die das Trennende betonen und die erzielten Fortschritte bei der Integration negieren, ist es dabei nicht getan. Auch und gerade die CSU wird nicht umhinkommen, die Realitäten anzuerkennen: In Deutschland leben rund vier Millionen Muslime. Und sie werden auf Dauer bleiben.
Das Innenressort nimmt die CSU in die Pflicht. Das ist – nicht auszuschließen, dass die Taktikerin Angela Merkel dies im Blick hatte, als sie Horst Seehofer das Ministerium anbot – auch eine Chance. Für die CSU wie für die Muslime in Deutschland. Friedrich kann, gerade weil er nicht im Verdacht steht, ein Anhänger von Multikulti zu sein, seine Partei und ihre Wähler auf den Weg des Dialogs mitnehmen und sie von der Notwendigkeit einer modernen Integrationspolitik überzeugen, die nicht abgrenzt und ausschließt, sondern aufnimmt. Den im Lande lebenden Muslimen wird er ein klares Bekenntnis zu den Grundwerten des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats und der abendländischen Kultur abverlangen, wenn sie hier auf Dauer bleiben wollen.
Die Integration ist längst weiter, als dies die apokalyptischen Thesen eines Thilo Sarrazin zu glauben machen. Integration fordert beide Seiten, die Aufnehmenden und die Gekommenen. Und nun auch die CSU. Das neue Amt bedeutet eine neue Verantwortung. Hans-Peter Friedrich erfährt dies gerade. Er muss sie annehmen.
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