Die Welt darf nicht schweigen
Nach der Verhaftung des chinesischen Regimekritikers Ai
Ist Ai Weiwei ein Steuersünder? Auf diese Frage versucht Chinas Regierung den Skandal um die Festnahme des berühmten Künstlers und Regimekritikers zu reduzieren. Wegen wirtschaftlicher Verbrechen werde gegen Ai ermittelt, erklärten die Behörden nach der Verhaftung des 53-Jährigen und warnten andere Länder davor, sich in Chinas innere Angelegenheiten einzumischen.
Dabei hat das Ausland allen Grund, genau das zu tun. Man muss Ai Weiwei keinen Blankoschein als lupenreiner Steuerbürger ausstellen, um zu erkennen, dass wirtschaftliche Verbrechen bei seiner Verhaftung nicht der Hauptgrund sind. Denn Ai hat sich eines Vergehens schuldig gemacht, das in den Augen der Kommunistischen Partei viel schwerer wiegt: Er hat ihre Herrschaftslegitimation grundsätzlich infrage gestellt und die Chinesen zu zivilem Ungehorsam aufgerufen. Klarer und lauter als jeder andere hat Ai Demokratie gefordert und mit sozialen Aktionen immer wieder unter Beweis gestellt, dass die Chinesen dazu nicht weniger willig sind als andere Nationen. Sicher wäre es falsch, China auf die Menschenrechtsverletzungen zu reduzieren. Aber klar ist doch: Der Befehl zu Ais Verhaftung kommt aus Chinas höchster Führungselite, die auch über das Strafmaß entscheidet. Von einer Regierung, die die Menschenrechte mit Füßen tritt. Die Weltgemeinschaft darf zu dem Fall Ai nicht schweigen.
Es wäre naiv zu glauben, dass der Westen China seinen Willen aufzwingen könnte. Ein besseres Konzept als Wandel durch Annäherung gibt es nicht. Aber aus Wandel durch Annäherung darf nicht Wandel durch Anbiederung werden. Wer mit den Chinesen kooperieren will, sollte auch die Probleme zur Sprache bringen. Das sind wir Menschen wie Ai Weiwei schuldig.
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