Evangelischer Eigensinn
Bayerns Protestanten werden wieder keine Landesbischöfin bekommen. Nach Johanna Haberer 1999 ist gestern auch Susanne Breit-Keßler am demokratischen Votum der Synodalen gescheitert.
Auch wenn die Münchner Regionalbischöfin die Wunschkandidatin von Amtsinhaber Johannes Friedrich war. Sie hatte mit ihrer Kandidatur das höchste Risiko auf sich genommen. Ihr Konkurrent Helmut Völkel würde nach einer Niederlage weiterhin Personalreferent der Landeskirche und Heinrich Bedford-Strohm würde weiterhin Professor für Systematische Theologie bleiben. Aber die Ständige Vertreterin des Landesbischofs wird sich auf einen neuen Vorgesetzten einstellen müssen. Mit ihm muss sie zurechtkommen.
Womöglich hatte Susanne Breit-Keßler auf den Käßmann-Bonus gesetzt. So häufig sind gewandte Frauen in Leitungsämtern selbst in der Evangelischen Kirche in Deutschland nicht. Aber so marginalisiert wie noch vor 20 Jahren sind die Frauen selbst in der bedächtigen bayerischen Landeskirche nicht mehr. Ein Drittel ihres Seelsorgepersonals sind Frauen und auch auf höheren Leitungsebenen geben sie als Dekanin und Regionalbischöfin den Ton an. Letztlich waren sich wohl der liberale Theologie-Professor und die Regionalbischöfin inhaltlich zu ähnlich, sodass erst nach zähem Ringen um eine Mehrheit sich mancher Synodale den entscheidenden Ruck gab und anders als vorher abstimmte.
Sicher ist, dass Heinrich Bedford-Strohm die Landeskirche würdig führen und repräsentieren wird. Er ist redegewandt, hat klare Positionen bezogen, etwa in der Armutsdebatte, und ist erfahren im ökumenischen Dialog. Für die Positionierung der Kirche in den kommenden schwierigen ethischen Debatten etwa um vorgeburtlichen Lebensschutz und um Sterbehilfe ist der Professor der richtige Mann und kann sich – so wie sein Vorgänger – in der Öffentlichkeit Respekt und Gehör verschaffen.
Für die Landeskirche ist Bedford-Strohm zudem das unverbrauchte Gesicht und noch nicht von den Apparaten vereinnahmt worden. Die Synode hat gleichwohl ihre Kandidaten bis zuletzt zappeln lassen, obwohl erstmals alle drei Arbeitskreise – wie die Fraktionen dort heißen – eine gemeinsame Kandidatenliste aufgestellt hatten und damit signalisierten, dass alle drei für alle kirchenpolitischen Richtungen wählbar sind.
Unbeirrt hielten die Wähler an ihrem Kandidaten, ihrer Kandidatin fest. Kaum einer unter den 105 lutherischen Kirchenparlamentariern wollte vorzeitig nachgeben. Aber auch die Bewerber blieben unbeirrt. Susanne Breit-Keßler, mit 22 Stimmen anfangs auf ziemlich verlorenem Posten, hoffte trotzig auf ein Umdenken. Solcher Eigensinn sei eben typisch evangelisch ...
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