Halbherziger Kompromiss
Für die Stuttgart-21-Gegner ist der Zug abgefahren – auch Heiner Geißlers halbherziger Vorschlag wird ihn nicht aufhalten können.
Ein bisschen von (neuem) Tiefbahnhof hier, ein Rest von (altem) Kopfbahnhof da – damit will Heiner Geißler den gordischen Knoten „Stuttgart 21“ am Ende seines Schlichtungsversuchs nun sprengen? Nein, es klingt wie ein klassischer politischer Kompromiss, mit dem sich Schlichter Geißler aus der Affäre ziehen will und keiner der Kontrahenten verprellt werden soll.
Was wie eine Lösung aussehen soll, wäre der Abschied von allen bisherigen Planungen und städtebaulichen Konzeptionen. Es wäre die Zurücksetzung des Projekts auf Punkt null und würde nicht zuletzt den im Herbst geplanten Volksentscheid ad absurdum führen, weil der Bürger nun endgültig nicht mehr weiß, worüber er überhaupt abstimmen soll.
Wer jetzt über den vermeintlichen Kompromiss verfrüht jubelt, weiß nicht, welche Kosten er ungeachtet der ohnehin vorhandenen finanziellen Risiken des bereits laufenden Projekts auf lange Sicht tatsächlich verursachen wird. Erst muss gerechnet werden. Und das kann dauern – die bisherigen Erfahrungen mit Stuttgart 21 haben dies bewiesen.
Geißlers überraschender Vorschlag wird auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann und dessen grün-rote Regierung in Stuttgart nicht aus der Bredouille befreien, dass hier zwei gleich starke Koalitionspartner in diametrale Richtungen ziehen. Die Grünen werden sich nicht bewegen, die SPD wird auf ihrer Position beharren, und am Ende wird man einsehen müssen, dass die Bahn längst am längeren Hebel sitzt, weil sie auf ein abgeschlossenes Genehmigungsverfahren verweisen kann und für vollendete Tatsachen sorgt. Für die Stuttgart-21-Gegner ist der Zug abgefahren – auch Heiner Geißlers halbherziger Vorschlag wird ihn nicht aufhalten können.
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