Schwarz-gelbes Stückwerk
Mit dem Sparen hapert es nach wie vor, wie die jüngsten Milliardenausgaben der Koalition zeigen.
Die schwarz-gelbe Bundesregierung ist vor drei Jahren mit dem Versprechen angetreten, die Abgabenbelastung der Bürger („Mehr Netto vom Brutto“) spürbar zu senken und endlich dafür zu sorgen, dass der Staat nicht dauernd wesentlich mehr Geld ausgibt, als er einnimmt. Nun ja, aus beidem ist nichts geworden. Die geplante und im Wahlkampf groß angekündigte Steuerreform ist früh und total gescheitert, die Sanierung der öffentlichen Finanzen nur halbherzig betrieben worden. Nichts hat dem Ansehen von Schwarz-Gelb so viel Schaden zugefügt wie dieses Versagen auf dem Feld der Steuer- und Finanzpolitik – ausgerechnet bei jenen Themen also, die als besondere Stärke von Union und FDP galten und maßgeblich zum fulminanten Wahlsieg von 2009 beigetragen haben. Wenn heute zwei Drittel der Bürger unzufrieden sind mit der Regierung und weit und breit keine neue Mehrheit für das in den Ländern serienweise abgewählte schwarz-gelbe Projekt in Sicht ist, so hat das eben nicht nur mit den vielen handwerklichen Pannen und Pleiten, dem pausenlosen internen Streit sowie der Existenzkrise der Liberalen zu tun. Es spiegelt vor allem die Enttäuschung darüber wider, dass Schwarz-Gelb sowohl steuer- als auch finanzpolitisch über Stückwerk nicht hinausgekommen ist und die Chance verspielt hat, das Ruder herumzuwerfen.
In Sachen Steuerreform steht die Koalition mit leeren Händen da. Der kümmerliche Rest, der davon übrig geblieben ist und wenigstens für eine kleine Entlastung der von der kalten Progression geschröpften Normalverdiener sorgen sollte, wird von der Opposition im Bundesrat blockiert. Zögern und Zaudern und eine satte Subvention für Hotelbetreiber: Das wird von der mutlosen, im Nirwana geendeten Steuerpolitik dieser Regierung in Erinnerung bleiben. Es mag sein, dass am Anfang und mitten im Sturm der Schulden- und Bankenkrise kein Geld für einen großen Wurf da war. Aber das ewige Mantra der Politik, wonach es überhaupt keinen „Spielraum“ für Steuersenkungen gebe, ist Unfug. Schwarz-Gelb hat das Glück, in Zeiten explodierender Steuereinnahmen zu regieren – und macht nichts daraus.
Bund, Länder und Kommunen kassieren dieses Jahr über 600 Milliarden Euro; die Sozialkassen sind dank des Konjunkturbooms prall gefüllt. Und da soll es nicht möglich sein, einem tüchtigen Facharbeiter ein bisschen mehr vom sauer verdienten Geld zu lassen? Der Schuldenabbau habe eben Vorrang, heißt es entschuldigend. Aber warum ist dann der Steuersegen nicht dazu benutzt worden, das Ziel eines Haushalts ohne neue Schulden schneller anzugehen? Die Regierung hat das Defizit – im letzten Entwurf des Ministers Steinbrück für 2009 standen 86 Milliarden Euro zu Buche! – drastisch reduziert. Heuer nimmt der Bund „nur“ 28 Milliarden auf. Doch ist dieser Erfolg fast ausschließlich dem Steuerboom geschuldet.
Mit ein bisschen mehr Mut zum Sparen wäre viel mehr drin und ein Etat ohne neue Schulden (den letzten gab es vor 40 Jahren) längst möglich. Doch mit dem Sparen hapert es nach wie vor, wie die jüngste milliardenschwere Ausgabenrunde der Koalition zeigt. Die für 2014 angestrebte „strukturelle Null“ (Schulden nur noch für einmalige oder konjunkturell bedingte Kosten) zeugt von mangelndem Ehrgeiz. Sobald es wirklich wehtun könnte und ein Wahlkampf naht, ist es mit der Entschlossenheit zum Schuldenabbau nicht mehr weit her. Das ist bei Schwarz-Gelb so, das ist bei Rot-Grün nicht anders. Im Geldausgeben ist die ganze deutsche Politik viel fantasiereicher als im sorgsamen Umgang mit dem Geld der Steuerzahler.
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