Kinder wollen Häuser ihrer Eltern oft nicht
Kinder übernehmen nicht mehr selbstverständlich das Eigenheim der Eltern. Vor allem auf dem Land ist die Situation angespannt.
Eigentlich hat Katja Hohmann ein echtes Traumhaus im Angebot: sechs Zimmer, 155 Quadratmeter Wohnfläche, drum herum ein riesiger Grund - und das Ganze für gerade einmal 177 000 Euro. Für das gleiche Geld bekommt man im neuen Wohnquartier im Augsburger Textilviertel gerade einmal eine Zwei-Zimmer-Wohnung.
Und trotzdem tut sich die Maklerin schwer, einen Käufer für ihr Objekt zu finden. Denn das Einfamilienhaus hat zwei entscheidende Mängel: Es wurde in den 70er-Jahren gebaut und müsste modernisiert werden. Und: Es steht nicht in Augsburg, sondern gut 20 Kilometer davon entfernt im Landkreis Aichach-Friedberg, genauer: in Igenhausen. Ein "wirklich schwieriges Objekt", gibt die Maklerin zu. Es ist kein Einzelfall.
Einfamilienhäuser aus den 50er- bis 70er-Jahren, groß gebaut, irgendwo auf dem Land - sie sind immer häufiger ein Fall für Makler. Denn oft können und wollen die Eigentümer die Gebäude im Alter nicht mehr bewirtschaften, sie zieht es eher in die Stadt. Der Nachwuchs wiederum will die Bestandsimmobilien nicht, er baut lieber selbst oder wohnt gar nicht mehr in der Gegend. "Der Verkauf solcher Häuser nimmt zu", bestätigt Robert Hackel, Makler aus Neusäß. Doch es ist nicht immer einfach.
Lage in der Stadt ist entscheidend
Entscheidend ist die Lage. In Augsburg sei die Nachfrage nach Bestandsobjekten derzeit enorm, berichtet Andreas Klein, Leiter des Immobilien-Centers der Stadtsparkasse. In Zeiten niedriger Zinsen und hoher Kosten für Neubauten schauen sich viele nach älteren, dafür günstigeren Gebäuden um. Die meisten Angebote sind innerhalb einer Woche weg, verkauft an vorgemerkte Kunden. "Wir müssen eigentlich gar nicht inserieren", erzählt Klein.
Schwieriger werde es, je weiter man sich von Augsburg entfernt. Dann spielen Kriterien wie die Bahnanbindung eine große Rolle. Maklerin Hohmann hat immer wieder ältere Einfamilienhäuser in Mering oder Kissing im Angebot. "Die gehen weg wie warme Semmeln." Vor allem Pendler, die die Zuganbindung nach Augsburg oder München nutzen, schätzen die Lage und die im Vergleich zu den Städten günstigeren Preise.
Gleiches gilt für Friedberg oder den Landkreis Augsburg: Diedorf, Gessertshausen oder Welden seien durchaus gefragt, ebenso die Orte entlang der B 2. Schwieriger wird es in Gegenden, die nur schlecht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind. Dann müssen Verkäufer oft Abstriche beim Preis machen - für Eigentümer ein schmerzlicher Prozess. Denn etliche erhoffen sich derzeit das große Geschäft mit hohen Erlösen.
Preisverfall auf dem Land
"Viele schauen nach Augsburg und meinen, dass man diese Summe auch zehn Kilometer außerhalb der Stadt noch bekommt", berichtet der Immobilienexperte Hackel. Andere haben über die Jahre Geld in Modernisierungen gesteckt oder hochwertige Einbauten finanziert. Bei vielen stecke viel Herzblut im Eigenheim, sagt Maklerin Hohmann. "Die Ernüchterung ist bitter."
Wenn Makler Hackel durch Aystetten, einst als "Nobelvorort" von Augsburg gehandelt, fährt, wird ihm das Problem immer wieder deutlich. Etliche Häuser aus den 70er Jahren stehen dort leer, seit Monaten sind die Rollos heruntergezogen. Vor etwa 40 Jahren hat man großzügig gebaut, neben dem eigenen Wohnbereich gerne noch eine Einliegerwohnung eingeplant. Die 400 bis 500 Quadratmeter großen Anwesen zu bewirtschaften ist heute aber schwierig, sie zu kaufen für junge Familien unattraktiv. "Diese Objekte lassen sich ganz schlecht verkaufen", sagt Hackel.
Langfristig könnte der Preisverfall auf dem Land zum Problem werden. Denn für viele Menschen in der Region ist die Immobilie die Altersversorgung. Im Alter wollen sie mit einem Verkauf eine barrierefreie Wohnung in der Stadt oder die Pflege finanzieren. Doch das ist nicht immer drin, wenn die Objekte auf die Schnelle veräußert werden sollen.
Experten raten daher, sich frühzeitig um einen Verkauf zu kümmern. Bis zu zwei Jahre könne es in der Region durchaus mal dauern, ein Objekt zu einem guten Preis loszuwerden, sagt Makler Hackel.
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