„Die Situation der Kommunen ist dramatisch“
Die schwäbischen Bürgermeister machen in Bad Wörishofen Druck auf den Freistaat, weil ihnen die Probleme mit anerkannten Flüchtlingen über den Kopf zu wachsen drohen
Die schwäbischen Bürgermeister haben die Nase voll und fühlen sich bei der Betreuung und Integration von Flüchtlingen und anerkannten Asylbewerbern vom Freistaat Bayern im Stich gelassen. Gestern trafen sich die Rathauschefs zur Bezirksversammlung des Bayerischen Städtetages im Kurhaus und hinter verschlossenen Türen wurde Tacheles geredet: „Die Situation ist dramatisch und birgt enormen sozialen Sprengstoff“, fasste Günzburgs OB Gerhard Jauernig (SPD) als Verbandsvorsitzender der kreisangehörigen Städte in Schwaben die Stimmung seiner Kollegen zusammen. Vor allem bei der Unterbringung von sogenannten „Fehlbelegern“ aus Flüchtlingsheimen wächst den Kommunen die Situation über den Kopf. Hintergrund ist eine komplizierte Gesetzeslage, die die Kommunen dazu verpflichtet, als Asylbewerber anerkannte Flüchtlinge nicht mehr in einer Flüchtlingsunterkunft wohnen zu lassen. Dabei kommt es aus Jauernigs Sicht zu kuriosen Situationen: Flüchtlinge gelten als sogenannte „Fehlbeleger“, wenn sie nach dem Abschluss ihres Asylverfahrens weiter in der Flüchtlingsunterkunft wohnen bleiben. Geht es nach dem Sozialministerium, müssten diese „Fehlbeleger“ aus der Unterkunft ausziehen, selbst wenn sie auf dem freien Wohnungsmarkt keine bezahlbare Wohnung finden. Dann aber gelten sie als „Obdachlose“ – und fallen dann in die Zuständigkeit der Kommunen, die dann auch für die Unterbringung dieser Personen bezahlen müssen. „Wir müssten dann ja Hotelzimmer oder Pensionen anmieten, und gleichzeitig stehen die Flüchtlingsunterkünfte weitgehend leer“, schüttelt Günzburgs OB Jauernig den Kopf. Das berge „enormen sozialen Sprengstoff“ so Jauernig. Seine Forderung an den Freistaat Bayern ist daher klar: „Wir brauchen schnell eine pragmatische Lösung. Außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Lösungen“, so der SPD-Politiker.
Bei seinen Bürgermeister-Kollegen rennt Jauernig damit offene Türen ein, bestätigte Kaufbeurens OB Stefan Bosse (CSU): „Der Freistaat darf die Kommunen bei den Integrationskosten nicht im Stich lassen“. Integration berührt laut Bosse viele kommunale Bereiche, bei denen Personalkosten und Investitionskosten auflaufen: sozialer Wohnungsbau; Arbeitsmarkt; Jugendhilfe; Sozialhilfe und Asylsozialberatung; Kinderbetreuung in Kindergärten, Kitas und Horten; Bildung und Schule. „Wir erkennen die Leistungen des Freistaats an, verweisen aber auf eine Tatsache: Trotz der Leistungen des Freistaats bleiben hohe Belastungen in den kommunalen Haushalten stehen. Wir werden weiterhin hartnäckig die kalte Kommunalisierung von Integrationskosten kritisieren. Der Freistaat muss die Kommunen angemessen an seinem Teil der Bundesmittel von Milliarden Euro beteiligen. Wenn die Kommunen ihre vielfältigen Aufgaben erfüllen sollen, sind sie auf die Mittel von Bund und Freistaat angewiesen.“ Schon jetzt müssen laut Bosse viele Kommunen zusätzliche Schulden machen oder den Rotstift bei geplanten Projekten ansetzen, um die Aufgabe überhaupt meistern zu können: „„Integration geschieht in den Städten und Gemeinden. Wenn Integration funktionieren soll, sind weniger der Bund und die Länder gefordert, sondern an erster Stelle die Kommunen. Da die Kommunen ihre Integrationsaufgaben in Krippen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Schulen, Musikschulen, Volkshochschulen, Kultureinrichtungen, Ehrenamt und Sportstätten erfüllen, müssen sich Bund und Länder an den aufgewendeten Kosten stärker beteiligen.“ Insgesamt entstanden den kreisfreien Städten im ersten Halbjahr 2016 ungedeckte Kosten von 63,8 Millionen Euro. Das sind laut Bosse bereits 72 Prozent der Kostenbelastung für das Gesamtjahr 2015: Hier sind die Kosten noch bei 88,6 Millionen Euro gelegen.
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