Warum unsere Autorin glaubt, dass man den Ernst des Lebens nicht ganz so ernst nehmen sollte.
Wer glaubt, für Erstklässler beginne heute der Ernst des Lebens, hat selbst vermutlich keine Kinder im fraglichen Alter (mehr). Tatsächlich hat der sogenannte „Ernst des Lebens“ nämlich schon vor mehreren Monaten begonnen, und zwar nicht für die Kinder, sondern deren Eltern. Im ersten schulischen Elternabend ihres Lebens Anfang des Jahres haben sie nicht nur erfahren, was sie im verbleibenden halben Jahr bis zur Einschulung noch unternehmen können, um etwaige Defizite des Nachwuchses auszumerzen. Nein, aus Gesprächen mit bereits einschulungs-erfahrenen Eltern wissen sie nun auch, dass sie mit der Planung dieses großen Tages besser schon vor mindestens einem Jahr angefangen hätten. „Wie wollt ihr denn jetzt noch einen Platz in einer Wirtschaft kriegen?“, fragt eine Mutter mitleidig, als sie erfährt, dass wir – es ist Februar! – noch nirgends reserviert haben. Vollends fassungslos ist sie, als ich zugebe, dass wir das auch gar nicht vorhaben, weil unserer Meinung nach ein Kaffeeklatsch mit den Großeltern vollkommen reicht. Wahrscheinlich schaffen wir es mit dieser Einstellung im Ranking „Rabeneltern des Jahres“ ganz weit nach vorn. Platz eins können uns eigentlich nur noch die Eltern streitig machen, die die Schultüte für ihr Kind gekauft (!) haben – was zu meiner längst vergangenen Schulanfangs-Zeit absolut üblich war. Aber bitte: Der Kindergarten war so freundlich, mit den Kindern zu basteln. Dieses Jahr übrigens erstmals ohne Beteiligung der Eltern, weil da laut der Leiterin „so ein unguter Druck auf die Kinder“ entstanden sei. Was bleibt, ist der Wettbewerb bei der Füllung der Schultüte. Süßigkeiten sind verpönt, das kann ich nachvollziehen. Aber muss es als Ersatz wirklich ein riesiges Spielzeug für um die 90 Euro sein? Mal abgesehen davon, dass das auch in die größte Schultüte nicht passt. Es ist nicht so, dass ich den Kindern solch großzügige Gaben nicht gönne. Ich find’s nur ein bisschen übertrieben – aber das könnte man vielleicht auch vom „Wunschzettel“ der Klassenlehrerin sagen: Mit ein paar Heften und Stiften ist es lange nicht getan. Die Vorgaben sind sehr detailliert, was einerseits gut, in manchen Fällen aber auch recht schwierig ist. Den gewünschten Borstenpinsel in Größe 5 zum Beispiel gibt es schlicht und ergreifend nicht und auch beim „Block DIN A4, Lineatur 1, mit gelochten Blättern (durchgängig liniert)“ schüttelt die versierte Fachkraft bedauernd den Kopf. Nie gehört. Ich wage kaum, wie beim Pinsel zu einer Alternative zu greifen (ich habe Größe 4 gekauft und hoffe, dass es keiner merkt), steht doch bei der gewünschten stabilen Schachtel, 35 cm breit, 42 cm lang, 5 cm hoch, gefettet dahinter „bitte Maße genau einhalten“. Beim Material lässt uns die Klassenlehrerin dann aber alle Freiheiten: „Die Schachtel kann mit Folie oder Tapete beklebt oder aus Sperrholz hergestellt sein.“ So ein Glück. Und ich beschließe, das ganze einfach ein bisschen weniger ernst zu nehmen.
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