Sie wollen Selbstwertgefühl erfahren
In dem Projekt „Wir kommen vorwärts – mit und ohne Rad“ sollen Jugendliche aus mehreren Ländern per Ausflug vermeintliche Selbstverständlichkeiten lernen.
Die jungen Radler nennen als ihre Herkunftsländer unter anderem Afghanistan, Irak, Bulgarien und Äthiopien. Den Bodensee, der nur gut 100 Kilometer von Ulm entfernt ist, kennen sie nicht. Und trotzdem gehen sie auf große Fahrt: Das Gepäck ist verteilt und verstaut. Das Fahrrad, auf das sich Zeev fürs Foto schwingt, gehört allerdings Wiebke Schmidt von der Bildungsinitiative Teach First Deutschland.
Die eigenen Räder der Albrecht-Berblinger-Schule stehen noch in der lila gestrichenen Fahrradhütte der Schule. Schmidt arbeitet für zwei Jahre als Fellow, als zusätzliche Fachkraft, an der Gemeinschaftsschule und kam auf die Idee, die Mountainbikes, die eine Lehrerin vor ein paar Jahren für die Schule gewonnen hat, für ein Projekt zu nutzen. Unter dem Motto „Wir kommen vorwärts – mit und ohne Rad“ gehen Schmidt, Lehrer Rainer Wolff und ein externer Begleiter mit Schülern der Gemeinschaftsschule auf eine einwöchige Radtour. Das Projekt bringt Schüler von siebten Klassen und jugendliche Migranten und Flüchtlinge zweier Vorbereitungsklassen in Kontakt und soll den Jugendlichen mehr Selbstbewusstsein geben, indem sie lernen, sich selbst zu organisieren. Ziele sind erreichbar, schulisch und privat: Das will Wiebke Schmidt vermitteln, besonders Jugendlichen, die aus sozial schwachen Familien kommen und deshalb kaum am sportlichen und kulturellen Leben teilhaben können. Eigene Fahrräder haben nur wenige der sieben Schüler und der zwei Schülerinnen, die an der Radtour zur Zugspitze teilnehmen. Deshalb sind die Tagesetappen auch nicht zu hoch gesteckt: „35 bis 40 Kilometer sind reichlich für Jugendliche, die kein eigenes Rad haben und deshalb nicht gewöhnt sind, längere Strecken zu fahren“, erklärt Wiebke Schmidt. Im Vorfeld der Tour, die über den Iller- und den Bodensee-Königssee-Radweg sowie über Teile der Via Claudia Augusta durch Österreich bis zur Zugspitze führt, wurde trainiert, Verkehrssicherheit und Verkehrsregeln beispielsweise. Die vier Zelte, mit denen die Gruppe unterwegs ist, wurden probeweise aufgebaut – und es wurde besprochen, in wessen Gepäck jeweils die Zelte, Flickzeug fürs Fahrrad und ähnliche Dinge verteilt werden, die nicht jeder persönlich dabei hat. Jeder Schüler hat eine Packtasche Kleidung bei sich, Schlafsack und Isomatte, denn übernachtet wird auf Campingplätzen. Essen und Getränke werden im Fahrradanhänger von Wiebke Schmidt transportiert, die selbst eine begeisterte Radfahrerin ist. Sie möchte, dass die neun Schüler auf dieser Tour lernen, selbstständig zu handeln: mit dem auszukommen, was sie dabei haben, Wäsche per Hand zu waschen und als Team Verantwortung tragen und teilen, erklärt die blonde junge Frau. Vermeintliche Selbstverständlichkeiten müssen erlernt werden: „Es stärkt die Teamfähigkeit, wenn die Jugendlichen verstehen, dass sie alle warten müssen, wenn einer einen Platten hat.“ Probleme zwischen den – jüngeren – Schülern der Regelklassen und den Schülern der Vorbereitungsklassen gebe es nicht. „Sie merken, dass sie Berührungspunkte haben, weil sie alle Migrationshintergrund haben und weil ihre Familien aus finanziellen Gründen nicht an kulturellen und sportlichen Dingen teilhaben können.“
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