Wanderer zwischen den Bühnenwelten
Die Ballett-Compagnie des Theaters Ulm macht in "Wanderers/Lascia che accada" gekonnt das Tänzer-Leben selbst zum Thema - und erntet dafür großen Applaus.
Tänzer sind Wanderer im Namen der Kunst, Menschen aus aller Welt, die oft nur zwei Spielzeiten an einem Haus sind, von Stadt zu Stadt ziehen, um für wenig Geld im Scheinwerferlicht zu tanzen – im Team, auf das sie sich bedingungslos verlassen müssen, oder mit viel Glück solistisch. Stürzen dürfen sie nie. Der süditalienische Choreograf Giuseppe Spota, Träger des Deutschen Theaterpreises „Faust“ 2011, rückt den zirzensischen Aspekt des Tänzer-Alltags in den Mittelpunkt seiner Choreografie „Wanderers“ und verlangt von der Ulmer Compagnie vor allem artistische Körperkunst. Der 20-jährige Lorenzo Angelini, in Ulm in kurzer Zeit zum beeindruckenden Solisten gereift, darf hier nicht seine faszinierende Sprungkraft einsetzen, sondern erstaunt im anrührenden Spiel ausdrucksstark als Theater-Direktor einer vergangenen Zeit, der mit schnippenden Fingern Licht zaubert und seine Varietè-Künstler tanzen lässt. Spotas Inszenierung hat Witz, spielt über die von ihm selbst geschaffenen Kostüme mit Licht und Dunkelheit, sodass die Beine des einen Tänzers und der Oberkörper eines anderen zu einer akrobatisch verdrehten Figur zu werden scheinen. Erotik bringt der Pas de deux von Ceren Yavan-Wagner und Carlos Kerr, während Angelini und Yuka Kawazu federleichte Zartheit in ihre Paar-Szenen legen.
Die Choreografie „Lascia che accada“ („Lass es geschehen“) von Roberto Scafati wurde im Vorjahr in Würzburg uraufgeführt. Scafatis Ulmer Compagnie setzt die Fabel um die Schwierigkeit des Loslassens in perfekter Ästhetik und mit viel Emotion um. Schemenhafte Gestalten tauchen zu Beginn aus dem Nebel auf; über ihnen grinsen leuchtende Augen aus schwarzen Ballons fies ins Publikum. Diese Ballons, Symbole der Angst, scheinen ein bedrohliches Eigenleben zu entwickeln. Sie winden sich wie Fesseln um Hals oder Beine, schweben über den Köpfen, und selbst als sich die beeindruckende Solistin Yuka Kawazu aus dem Gefängnis der düsteren Ballons löst, verschwinden sie nicht. Hoch emotionale Bilder entstehen, poetisch erzählt im Pas de deux von Yuka Kawazu und dem schweißtriefenden Pablo Sansalvador an der Bühnenkante. Am Ende von Roberto Scafatis Appell, geschehen zu lassen, was geschieht, und sich nicht den Daseinsängsten zu ergeben, steigen transparente Ballons leicht von einer Bühne auf, auf der sich das Licht gegen den Nebel durchgesetzt hat.
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