Der Wirt mit dem Hut zieht den Hut
36 Jahre hatte Ludwig Herbinger das Wirtshaus „Blaue Traube“ in der Neuburger Altstadt. Dass er aufhören will, hat er schon viele Jahre angekündigt. Jetzt macht er Ernst.
Eigentlich hätte Ludwig Herbinger am 1. des Monats seinen neuen Job als Koch in einem Hotel in Grainau antreten sollen. Doch dem 18-jährigen Luggi gefiel es in Südfrankreich so gut, dass er überhaupt keine Lust verspürte, den Heimweg anzutreten. Mit der Drehorgel hatte er sich 1977 nach seiner Lehre im Donauhotel in Ingolstadt auf den Weg in die Provence gemacht, wo er sich in dem Städtchen Cassis gerade so viel Franc verdiente, dass er sich ein paar angenehme Wochen machen konnte. Denn das süße Leben am Mittelmeer war genau das Richtige nach den anstrengenden Lehrjahren, in denen es viel Arbeit und wenig Freizeit gab. Und so dachte sich der Luggi: „Des reicht auch, wenn i acht Tag später anfang.“ Als er eine Woche später dann vor dem Chef des Hotels stand, hatte dieser wenig Verständnis für das selbstbestimmte Auftreten seines künftigen Kochs: „Wegen Unzuverlässigkeit können wir Sie nicht brauchen“, sagte er und schickte ihn wieder fort.
Diese „Unzuverlässigkeit“ war es, die Luggi Herbinger nach einer gescheiterten Bewerbung im Kloster Ettal („Denen war i zu teuer.“) wieder nach Neuburg in seine Heimat brachte. Denn hätte er eine der beiden Stellen pünktlich und ernsthaft angenommen, wäre er möglicherweise nie der Wirt der Blauen Traube geworden. Seit 36 Jahren ist er das Gesicht eines der ältesten Wirtshäuser in Neuburg, das von alteingesessenen Neuburgern genauso gerne besucht wird wie von Künstlern, Schauspielern und Blaublütern. Man geht nicht in die Blaue Traube, man geht zum Luggi – mehr Identität kann ein Wirt seinem Gasthaus nicht geben. Nach 36 Jahren, einem Monat und sechs Tagen endet allerdings die Ära Ludwig Herbinger in der Blauen Traube. Der 57-Jährige hört auf – und das nicht einmal mit einem weinenden Auge. „Ich hab keine Nerven mehr. Und ich bin froh, dass rum ist“, sagt er. So griabig wie seine Gäste hatte er es als Koch und Wirt in einer Person eben nicht immer.
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