Ein zerstörter „Matchplan“
Der FC Ingolstadt verliert bei Hertha BSC mit 0:1. Nach einem Tor der Berliner nach 59 Sekunden entwickelt sich ein Fußballspiel, das so nicht zu erwarten war.
Der Begriff ist im Fußball längst keine Neuerscheinung mehr. Einst geprägt von Thomas Tuchel, hat sich der „Matchplan“ im Sprachgebrauch etabliert. Früher wurde von detaillierter Spielvorbereitung, Strategie oder Taktik gesprochen. Heute benutzen Trainer und Spieler inflationär das Wort Matchplan.
Nicht anders ist es beim FC Ingolstadt. Die ganze Woche über wird intensiv an einem Matchplan für das kommende Spiel gearbeitet. Zumeist unter Ausschluss der Öffentlichkeit, um gegnerischen Scouts das Arbeiten nicht zu einfach zu machen. Auch für die Partie bei Hertha BSC hatten sich die Schanzer etwas ausgedacht. Was genau, wird allerdings im Verborgenen bleiben. Das Spiel hatte gerade begonnen, da führte Berlin bereits mit 1:0. Gespielt waren exakt 59 Sekunden. Roger war der Ball versprungen, im anschließenden Laufduell konnte er Salomon Kalou nicht aufhalten. Dessen Pass verwertete Genki Haraguchi zur Berliner Führung. „Damit ist schon ein bisschen unser Matchplan kaputtgegangen“, sollte FCI-Kapitän Marvin Matip später nach der 0:1-Niederlage sagen. Man wollte die Berliner agieren lassen, sich zurückziehen und die biederen äußeren Bedingungen zunutze machen. Da der Rasen in Berlin einer rutschigen Kraterlandschaft glich, wird Hertha-Trainer Pal Dardai nicht gut auf den Greenkeeper des Olympiastadions zu sprechen gewesen sein. Auf Ballbesitz basierter strukturierter Kombinationsfußball, wie ihn seine Mannschaft bevorzuge, sei nicht möglich gewesen. „Der Platz war gut für Mannschaften, die verteidigen und auf lange Bälle setzen“, sagte Dardai. Was eigentlich zum FC Ingolstadt gepasst hätte, konnte nun die Hertha machen. „Sie standen hinten gut und gingen nach vorne wenig Risiko“, sagte Matip. Ein Matchplan, den wohl gerne die Schanzer angewendet hätten. „Das frühe Gegentor war schwer zu verkraften“, sagte FCI-Trainer Maik Walpurgis, „das hat man der Mannschaft deutlich angemerkt.“
Die Schanzer mussten das Spiel gestalten, was ihnen nicht gelang. Hertha BSC konzentrierte sich auf die Defensivarbeit. Nach zwei Niederlagen zum Start ins neue Jahr wollte Berlin allein die drei Punkte. Unterhaltung für die Zuschauer im spärlich besetzten Olympiastadion stand offensichtlich nicht im Matchplan. So passierte lange Zeit vor den Toren rein gar nichts. Die Schanzer spielten couragiert, nur fehlten die spielerischen Mittel, das Berliner Bollwerk zu knacken. Wenn es doch gelang, wurden die Chancen vergeben. Pascal Groß zielte vorbei (41.), Dario Lezcano köpfte daneben (64.) und Robert Leipertz schoss in die Arme von Berlin-Torwart Rune Jarstein (77.). „Wir hatten die besseren Chancen als Hertha“, sagte Groß, „Berlin hatte gar keine.“ Ganz richtig lag er damit nicht, denn abgesehen vom Tor hätte Alexander Esswein nach Kontern erhöhen können (86., 91.).
Bereits einen Tag vor dem Spiel hatten die Schanzer einen „Schock“, wie es Walpurgis nannte, verdauen müssen. Almog Cohen verletzte sich im Training und fällt wegen einer Innenbandzerrung im Knie zehn Tage aus. Auch der Ausfall Mathew Leckies (Prellung) schmerzte.
Durch die Pleite ist der FCI auf einen Abstiegsplatz abgerutscht. Nächster Gegner ist Bayern München. Auch für diese Partie wird sich Walpurgis mit seinen Co-Trainern einen Matchplan ausdenken. Schwerfallen dürfte es ihm nicht. „Es gibt nichts leichteres“, sagte er schmunzelnd, „als gegen die Bayern zu spielen.“
Hertha BSC Jarstein – Pekarik, Langkamp, Brooks, Mittelstädt – Darida, Lustenberger – Haraguchi, Stocker (63. Schieber), Kalou (79. Esswein) – Ibisevic (90.+1 Torunarigha) FC Ingolstadt 04 Hansen – Matip, Roger (66. Kittel), Brégerie – Hadergjonaj, Christiansen (66. Hinterseer), Morales, Suttner – Groß, A. Jung (76. Leipertz) – Lezcano
Schiedsrichter Frank Willenborg (Osnabrück) – Zuschauer 33425 – Tor 1:0 Haraguchi (1.)
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