Pure Verzweiflung
Nach einer lange ereignislosen Partie kochen in der Nachspielzeit die Emotionen hoch. Wie der FC Ingolstadt die unglückliche 0:1-Niederlage beim FC Schalke 04 bewertet.
Fußball fesselt, er entfacht Emotionen und Leidenschaft. Oft sind es einzelne Momente, nur wenige Sekunden, die eine Eruption der Gefühle auslösen. Im Positiven wie im Negativen.
Gelsenkirchen am Samstag: Die Nachspielzeit läuft, als der Ball vor den Füßen von Guido Burgstaller landet. Es ist kein sehenswerter Spielzug, der die Kugel zum Schalker Stürmer bringt. Vielmehr resultiert die Situation aus einer Mischung aus Zufall und Glück. Burgstaller steht einfach richtig und beförderte den Ball im Fallen ins Tor. Das 1:0, Schalke führt, gewinnt und hat die drei Punkte. Die für ihre Emotionalität bekannten Schalke-Fans schreien ihre Freude heraus, die Arena bebt. Keeper Ralf Fährmann sprintet über den gesamten Platz, um mit seinen Mannschaftskollegen zu feiern. Nur wenige Meter von der Glückseligkeit entfernt herrscht pure Verzweiflung. FCI-Torwart Martin Hansen liegt auf dem Boden, die Ingolstädter Spieler verziehen im Wissen, dieses Spiel doch noch verloren zu haben, ihre Gesichter. Fußball kann wunderschön und grausam zugleich sein.
Wäre dieses eine Tor nicht gefallen, die Gemengenlage hätte sich anders dargestellt. Das Schalker Publikum hätte seine Mannschaft wegen einer enttäuschenden Leistung wie bereits beim Halbzeitpfiff ausgepfiffen. Die Ingolstädter Spieler hätten von einem verdienten, mutmachenden Punkt im Abstiegskampf sprechen können.
So aber schlichen die FCI-Akteure bedröppelt vom Platz und wussten in der Mixed-Zone nicht so recht, wie sie die Niederlage bewerten sollten. „Es ist bitter“, sagte Markus Suttner immer wieder. „Einfach nur bitter, mehr gibt es eigentlich gar nicht zu sagen.“ Die gleichen Worte wählte Romain Brégerie, der entscheidend wie unglücklich am Gegentor beteiligt war. Der Verteidiger hatte einen ungefährlichen Schuss von Alessandro Schöpf vor die Füße von Burgstaller abgefälscht. „Das Spiel war nicht schön anzusehen. Oft ist es so, dass dann so ein Tor fällt“, sagte Brégerie, der wegen des Ausfalls von Marcel Tisserand (beim Afrika-Cup, zudem gelbgesperrt) zu seinem erst dritten Saisoneinsatz gekommen war, kopfschüttelnd.
Suttner und Brégerie waren trotzdem bemüht, zuversichtlich zu bleiben. „Schalke gewinnt durch einen Lucky Punch“, sagte Suttner, „daher gibt es keinen Grund, die Köpfe hängen zu lassen.“ Trainer Maik Walpurgis bescheinigte seiner Mannschaft einen „sehr guten Auswärtsauftritt“. Man habe „Chancen gehabt“ und hätte „mit ein wenig Glück in Führung gehen können“. Er meinte Schüsse von Dario Lezcano (14.), Almog Cohen (27.) und Mathew Leckie (82., 84.) sowie Kopfbälle von Brégerie (65., 66.), die jedoch mehr den Begriff Halb- denn Großchance verdienten.
Insgesamt agierten die Schanzer offensiv zu harm- und mutlos, um die bedenklich wankenden Schalker zum Fallen zu bringen. Im Angriff personell gebeutelt (es fehlten Breel Embolo, Klaas Jan Huntelaar und Franco di Santo) spielten die Königsblauen so, wie ein Team aus dem Mittelfeld der Liga eben spielt. Einfachste Pässe landeten im Niemandsland, Querschläger gerieten in den Verdacht, den unter dem Dach angebrachten Videowürfel der Arena zu treffen. Kurzum: Fußball zum Wegschauen. Dennoch erarbeitete sich Schalke mit Ingolstädter Mithilfe zwei Großchancen, die Burgstaller (69.) und Donis Avdijaj, dessen Schuss Marvin Matip für den bereits geschlagenen Hansen klärte (81.), vergaben.
Somit bedurfte es einer einzigen Aktion in der Nachspielzeit, um die Gefühlswelt in Gelsenkirchen mit einem Schlag völlig zu verändern.
FC Schalke 04 Fährmann – Höwedes, Naldo, Nastasic – Schöpf, Geis (46. Burgstaller), Aogo (85. Konopljanka), Kolasinac – Goretzka, Meyer (67. Avdijaj) – Choupo-Moting FC Ingolstadt 04 Hansen – Matip, Roger, Brégerie – Hadergjonaj, Cohen, Morales, Suttner – Groß (75. A. Jung), Leckie – Lezcano (90.+1 Leipertz) – Schiedsrichter Harm Osmers (Hannover) – Zuschauer 58004 Tor 1:0 Burgstaller (90.+2)
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