Heimat: Die Frühjahrskünderin

VonGerda Schupp-schied

Schlüsselblumen gibt es nur noch an wenigen Stellen im Ries

Mit einem Strauß Schlüsselblumen, den die Mutter in der Stube aufstellte, brachte man früher den Frühling ins Haus. Heutzutage ist es schwierig, einen Strauß dieser Frühjahrskinder zu pflücken, weil die Schlüsselblumen nur noch an ganz wenigen Stellen anzutreffen sind. An den Frühlings-Sonntagnachmittagen machten die Mädchen untereinander aus: „Heit gommer en d Bloama“. Sie brachten Sträuße von „Hasabobberla“(Traubenhyazinthen), Schneeglöckchen, Märzenbecher, Gänseblümchen und Schlüsselblumen mit nach Hause. Man kannte Plätze, wo die Blumen üppig gediehen. Die Lierheimer Mädchen trugen einen Schlüsselblumenstrauß „en d Liere Mühl“ oder „en ds Schloss“ wo man ihnen „a Gutse“ (etwas Süßes) dafür schenkte. Theresia Nagler (82 Jahre) in Unterschneidheim erinnert sich, dass es im Frühjahr „zom Haufa-Aufmacha“ (Zusammenrichten eines Reisighaufens im Wald) nach Baldern ging. In den umliegenden lichten Laubwäldern war an deren Rändern „alles voller Schlüsselbloama“. Die Mutter habe immer einen Strauß davon mit nach Hause gebracht. Bisweilen habe sie auch einen ausgegrabenen Stock in den Garten gesetzt. Am 1. Mai wurde in der Stube auf einem kleinen Tisch oder auf der Kommode „a Moiaaltärle“ (Maienaltar) aufgebaut, mit einer Marienstatue und einem Strauß Schlüsselblumen als Zierde. Viele Schlüsselblumen blühen auch heute noch an den Hängen des Goldbergs. Dereinst pflückten die Goldburghausener Kinder große Schlüsselblumen-Sträuße, um sie in Glasschüsseln, mit Feldsteinen beschwert, am Muttertag zu schenken. Liesl Förstner aus Goldburghausen überraschte ihren Bruder in Stuttgart mit einem Päckchen, das einen Strauß Schlüsselblumen enthielt, verpackt in Lagen von nassem Zeitungspapier, umhüllt mit einer Plastiktüte. Die Freude über den heimatlichen Blumenstrauß sei beim Empfänger groß gewesen, berichtet die Absenderin.

Hohe Schlüsselblume Duftende Schlüsselblume

Nördlingen Unterschneidheim