Ein Mikro-Schatz aus dem Rieskrater
Mit der Entdeckung eines neuen, einzigartigen Minerals, dem „Riesit“, entzückt die Region erneut die Fachwelt. Was es mit dem Gestein auf sich hat.
Wer an der Georgskirche in Nördlingen vorbeikommt, kann heute noch die Folgen des Asteroideneinschlags vor 15 Millionen Jahren begutachten. Quader für Quader ist das Gotteshaus aus einem Stein gebaut, der erst in Folge jener kosmischen Katastrophe entstanden ist: der Suevit oder Schwabenstein. Dass er nicht unbedingt das beste Baumaterial ist, zeigen die vielen Stellen, an denen er inzwischen durch andere Steine ersetzt ist, denn die Luftverschmutzung unserer heutigen Zeit setzt ihm zu. Doch das konnte im Mittelalter noch niemand ahnen und deshalb sieht man die Georgskirche selten völlig frei von Baugerüsten.
Ein Forschungsgegenstand namhafter Geologen ist der Suevit aber bis heute. Wer den Stein genauer betrachtet, kann die poröse Struktur des Materials erkennen, mit vielen kleinen, unregelmäßigen Hohlstellen. Was sich aber bereits dem bloßen Auge entzieht und das Interesse der Wissenschaftler weckt, das sind kleine, nur unter dem Mikroskop sichtbare Gesteinsadern, in denen bereits verschiedene Minerale gefunden wurden. Am spektakulärsten ist bis heute die erste Entdeckung gewesen, denn sie stellte gleichzeitig die gesamte bis dahin bestehende Rieskrater-Forschung auf den Kopf: Im Jahr 1960 konnte Eugen Shoemaker, nach dem der Platz vor dem Rieskrater Museum benannt ist, in einer Gesteinsprobe aus dem Suevit-Steinbruch von Otting ein neues Mineral nachweisen, das den Namen Coesit trägt. Dieses entsteht unter hohem Druck und bei hohen Temperaturen aus Quarz. Ein Druck in dieser Stärke kann an der Erdoberfläche nur durch Einschläge von Asterioden oder Kometen entstehen. Das Ries, das man bis dahin für einen Vulkankrater hielt, wurde somit zum Einschlags- oder Impaktkrater und damit auch zu einem internationalen Forschungsobjekt. Auch weitere Untersuchungen waren von Erfolg gekrönt und so finden sich im Suevit des Rieses inzwischen die meisten Hochdruckminerale unter allen 190 Impaktkratern der Erde. Ihre Bezeichnungen lesen sich für den Durchschnittslaien so fremdartig wie eine Aufzählung von Rheuma-Präparaten. Nur bei einem Namen stockt der Blick und löst ein beeindrucktes Staunen aus: Diamant. Das wohl bekannteste Hochdruckmineral, entstanden aus Graphit, lässt sich auch im Rieskrater nachweisen, wenn auch nur in einer Größenordnung von Mikrometern, also Bruchteilen von Millimetern.
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