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Foto: Herbert Dettweiler
Foto: Herbert Dettweiler

Der Fund des jüdischen Ritualbads in Hainsfarth soll nicht ganz reibungslos abgelaufen sein. Die Baggerfirma weist Kritik allerdings zurück. (Archivfoto)

Hainsfarth
24.01.2018

Mikwe: Baggerfirma weist Kritik zurück

Von Verena Mörzl

Ein Unternehmen sollte vor der Synagoge eine Garage abreißen. Seither gibt es Seitenhiebe.

Theoretisch hätte man davon ausgehen können, dass im Bereich der ehemaligen Hainsfarther Synagoge noch mehr Relikte der früheren jüdischen Gemeinde zum Vorschein kommen könnten. Aus Expertenkreisen heißt es auch, dass man lange nach dem jüdischen Ritualbad, der sogenannten Mikwe, gesucht habe, das fester Bestandteil der Glaubenskultur ist. Hätte also verhindert werden können, dass ein Baggerfahrer das Bodendenkmal nicht wahrnimmt, wenn man das Thema sensibler behandelt hätte? Schließlich war dieser nur mit dem Abriss beauftragt. Wäre die Angelegenheit vielleicht anders gelaufen, wenn die Gemeinde beispielsweise einen Archäologen zusätzlich zum Ausbaggern beauftragt oder zumindest die Baggerfirma darauf hingewiesen hätte, dass im Boden Entdeckungen gemacht werden könnten?

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Der Schwarze Peter wird in Hainsfarth hin- und hergereicht. Die zuständige Baggerfirma Gutmann aus Hainsfarth weist die Kritik deutlich zurück, dass sie daran Schuld sind, dass einige Steine der Mikwe nicht mehr auffindbar sind. Firmenchef Andreas Gutmann sagt, dass sein Baggerfahrer so gearbeitet habe, wie der von der Gemeinde erteilte Auftrag auch gelautet hat: Die Garage vor der Synagoge sollte abgerissen werden, sodass der Vorplatz schön gestaltet werden kann, wie es der Gemeinderat vor einiger Zeit beschlossen hat. Beim Meißeln gehe eben das kaputt, was man behandele. Das sei schließlich Sinn und Zweck seiner Arbeit. Gutmann sagt, dass es normal sei, dass dann die Bodenplatte und auch Steine, die darunter liegen, kaputt gehen würden. Das könne man nicht verhindern.

Der Baggerfahrer hat nach weiteren Informationen der Firma schließlich den vermeintlichen Bauschutt aufgeladen und zu einer Recyclinganlage gebracht. Dort wurden die Steine dann zu anderem Aushub dazugelegt. Vor der Synagoge in Hainsfarth stellte man derweil fest, dass hier wohl etwas Besonderes gefunden worden sei. Noch später wusste man es besser: Es ist das jüdische Ritualbad, die Mikwe.

Fehlte eine Fachperson?

„Was wir hatten, haben wir dann in unserem Ermessen wieder zurück auf die Baustelle transportiert“, sagt Gutmann weiter. Das Areal vor der ehemaligen und inzwischen sanierten Synagoge in Hainsfarth sei ein „roter Bereich“. Man hätte annehmen müssen, dass hier noch mehr zum Vorschein kommt. Er glaubt auch, dass man einen Archäologen hätte beauftragen müssen, der die Baustelle überwacht. Oder zumindest eine Fachperson. Gutmann will Bürgermeister Franz Bodenmüller keine Vorwürfe machen, ganz rund gelaufen sei die Angelegenheit aber nicht.

Fast alle Steine der Mikwe sind heute an der Stelle, wo sie gefunden worden sind. Auf Empfehlung des Landesamts für Denkmalpflege wurde die Mikwe „reversibel verfüllt“. So könne das Bodendenkmal in der Erde erhalten werden. Für den Freundeskreis der Synagoge ist das ein Skandal. Die Vertreter wollen sich, wie bereits berichtet, dafür einsetzen, dass die Mikwe „erlebbare Geschichte“ bleibt und wieder zu sehen ist, nachdem sie zugeschüttet wurde. Weil Gemeinderat und Bürgermeister bei diesem Entschluss nicht auf den Freundeskreis zugegangen sind, fühlen sich Vertreter hintergangen.

Hinweistafel über die Mikwe in Hainsfarth

Heute zeigen Pflastersteine die Umrisse der Mikwe. Geht es nach der Gemeinde, soll eine Hinweistafel später aufzeigen, was an dieser Stelle gefunden worden ist. Die Kosten rund um den Erhalt der Mikwe liegen laut Bürgermeister Franz Bodenmüller bei rund 10.000 Euro.

Hinter hervorgehaltener Hand heißt es, dass in den Gemeinderatssitzungen immer wieder hitzig über das Ritualbad diskutiert worden ist, allerdings nichtöffentlich. Deswegen steht auch der Vorwurf im Raum, dass mit dem Thema nicht transparent umgegangen worden ist und der aktuelle Konflikt hätte vermieden werden können.

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