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Schwangerschaft
20.04.2017

Abtreiben oder nicht? Zwei Frauen erzählen ihre Geschichte

Immer weniger Frauen entscheiden sich in Deutschland dafür, ihr Kind abzutreiben.
Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

Die Zahl der Abtreibungen ist in 20 Jahren um 25 Prozent gesunken – fast unbemerkt von der Öffentlichkeit. Was ist da passiert? Zwei Frauen erzählen von ihrer Schwangerschaft.

In dem kleinen Sichtfenster erschien ein Symbol. Eindeutig ein Plus. Der Test war positiv. Annalena Pfeiffer, 31, war schwanger. Angst überkam sie. Sie hatte Schulden und gerade erst einen festen Job gefunden. Auch ihr Partner wollte zu dem Zeitpunkt keine Kinder. Blieb wirklich nur dieser eine Ausweg? Sollte sie es wirklich tun? Und könnte sie damit leben? Sie versuchte, sich abzulenken. Die Verkäuferin ging wie gewohnt zur Arbeit. Sie redete mit niemandem über ihre innere Zerrissenheit. Ihren Freund weihte sie erst ein, als sie ihre Entscheidung getroffen hatte. Einige Tage nach dem Schwangerschaftstest wusste sie, was sie tun würde.

So ist das. Viele Frauen in dieser Lage müssen erst mal mit sich selbst klarkommen. Mit sich und dem Gefühlschaos. Mit dem Gedanken, womöglich ein Tabu zu brechen, persönlich wie gesellschaftlich. Selbst vor den engsten Vertrauten wird er häufig verschwiegen. Wer nimmt schon gerne dieses Wort in den Mund: Abtreibung?

Abtreibung ist kein Thema mehr in der Öffentlichkeit

Vielleicht ist das ein Grund, warum eine erstaunliche Entwicklung von der Öffentlichkeit ziemlich unbemerkt geblieben ist. Im Vergleich zu 1996 ist die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland um fast 25 Prozent gesunken. 2016 lag sie noch bei etwa 98.700. Auch in Bayern gingen die Zahlen zurück, gegenüber 1996 immerhin um knapp 1200 auf rund 11.300. Wird besser verhütet? Oder ist es attraktiver geworden, eine Familie zu gründen? Für Zweiteres spricht, wie mehrfach berichtet, dass neuerdings tatsächlich wieder mehr Kinder geboren werden. Aber das allein erklärt die Entwicklung nicht.

Eingewickelt in eine weiße Wolldecke liegt das Neugeborene im Arm von Annalena Pfeiffer. Sie wiegt das Baby hin und her, dann schiebt sie den Schnuller in den kleinen Mund. Die Frau aus Neu-Ulm hat sich für das Kind entschieden. Ihr Sohn ist jetzt ein paar Wochen alt. „Ich wollte nicht zweimal dasselbe falsch machen. Die Abtreibung war ein Fehler“, sagt sie.

Etwa ein halbes Jahr zuvor hatte sie sich gegen eine Schwangerschaft und für den Eingriff entschieden. Schon damals schienen ihr die Schulden und der Job die stärkeren Argumente zu sein. Da konnte sie noch nicht ahnen, wie sie sich nach dem Schwangerschaftsabbruch fühlen würde. Die Gedanken an das ungeborene Kind, daran, wie es hätte aussehen können, verfolgten sie. Sie fiel in ein tiefes Loch. Die Beziehung zu ihrem Freund stand auf dem Spiel. Noch einmal wollte sie das alles nicht durchleben.

Diesmal hat sie sich anders entschieden. Es war eine ganz private Entscheidung. Die Zeiten sind ja vorbei, als das Thema Abtreibung noch große Demonstrationen und Gegendemonstrationen provoziert hat. Gerade in den siebziger Jahren wurden hitzige Debatten geführt. Erstmals wagten sich Frauen an die Öffentlichkeit und bekannten: Wir haben abgetrieben. Der Spruch „Mein Bauch gehört mir“ wurde zur Kampfparole gegen den Abtreibungsparagrafen 218 im Strafgesetzbuch. Den einen ging es um mehr Selbstbestimmung, den anderen darum, Leben zu erhalten. Letztlich bekamen Schwangere im Fall einer Abtreibung mehr Freiheiten zugesprochen.

Vor einem Schwangerschaftsabbruch steht ein Konfliktgespräch

Heute wird der Konflikt nur noch selten öffentlich diskutiert. Die Fragen, die sich Schwangere stellen, bleiben dieselben. „Im Endeffekt kommt es auf die Lebenssituation der Schwangeren an und ob aktuell ein Kinderwunsch besteht“, sagt Familienforscherin Ulrike Busch von der Hochschule Merseburg. Entscheidend sei, ob die Frau einen Partner habe oder allein mit der Situation sei. Ob sie eine problematische Beziehung führe, noch studiere oder am Beginn ihrer Berufskarriere stehe. In jedem Fall sei die Situation für die Frauen moralisch schwierig und der Gedanke an Abtreibung nach wie vor mit Scham verbunden.

In Deutschland können Frauen innerhalb der ersten zwölf Wochen ihrer Schwangerschaft abtreiben. Sie brauchen dafür eine Bestätigung, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Abbruch haben beraten lassen. Ein Blick in die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigt: 96 Prozent der Abtreibungen fanden 2016 nach einer solchen Konfliktberatung statt. Die meisten Frauen haben also weder nach Vergewaltigungen noch aus anderen medizinischen Gründen abgetrieben.

Annalena Pfeiffer hat ein solches Gespräch hinter sich. „Ich habe mich furchtbar geschämt“, sagt sie, vor allem beim Gedanken an ihren älteren Sohn. Die Scham ist geblieben. Deshalb will sie ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen. Pfeiffer steht auf dem Balkon ihrer Wohnung und blickt in die Ferne. Die Beziehung zum Vater des Neunjährigen war schwierig. „Er war gewalttätig.“ Seitdem fällt es ihr schwer, anderen zu vertrauen. Sie will möglichst unabhängig sein. Weitere Kinder passten nicht in dieses Ideal. Auch das ging ihr durch den Kopf, als sie von ihrem neuen Freund ungeplant schwanger wurde. „Wenn ich meine Söhne jetzt zusammen sehe, dann weiß ich, dass ich mich richtig entschieden habe.“

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Die Geschichte der Neu-Ulmerin ist nicht gerade typisch für das, was hinter der statistischen Entwicklung der letzten 20 Jahre steht. Familienforscherin Ulrike Busch hat beobachtet: Der Großteil der Frauen entscheidet sich heute bewusst für Kinder, sie werden seltener ungewollt schwanger. Der Wunsch nach Kindern sei also nicht verloren gegangen, ganz und gar nicht. Doch Frauen wollten den „richtigen Zeitpunkt“ finden, vor allem vor dem Hintergrund verschiedener, nicht selten konkurrierender Lebensmodelle. „Schwangerschaft als Projekt“ könnte man das nennen.

Dass dann die Abtreibungszahlen sinken, hängt vor allem mit dem einfachen Zugang zu Verhütungsmitteln zusammen. „Sie zu nutzen, ist in den vergangenen Jahren normaler geworden. Es wird auch viel offener darüber gesprochen“, sagt Rita Klügel. Sie leitet die Beratungsstelle Donum Vitae in Augsburg, wo im Jahr rund 200 Frauen zu Konfliktberatungsgesprächen erscheinen. „Kondome sind in jeder Drogerie erhältlich. Und auch die Pille danach gibt es ohne Rezept.“

Die Pille danach. Lisa König hat die Frist dafür versäumt. Auch sie war erst mal geschockt, als sie im Herbst von ihrer Schwangerschaft erfuhr. Auch sie will lieber anonym bleiben. „Ich habe mich furchtbar gefühlt und die ganze Zeit geweint“, erinnert sich die 21-Jährige aus der Nähe von Kempten. Erst seit ein paar Monaten war sie da mit ihrem Freund zusammen. Sie konnte nicht einschätzen, wie er reagieren würde. Überhaupt, wie sollte ihre Zukunft aussehen? Nach ihrem Schulabschluss hatte König mehrere Aushilfsjobs gemacht, aber noch keine richtige Ausbildung.

Eigentlich wollte sie viel später Mutter werden, vorher Geld verdienen und einen Beruf finden, der zu ihr passt. Im Sommer war für sie klar: Es sollte die Polizei sein. „Ich kann mich durchsetzen und würde sagen, dass ich mutig bin.“ Mit der Schwangerschaft schien der Traum in weite Ferne zu rücken. „Ich habe an Abtreibung gedacht.“

Frauen schämen sich oft für ungewollte Schwangerschaft

Familienforscherin Busch weiß, welche enorme Belastung die Entscheidung für oder gegen ein Kind ist. Wirklich frei seien viele Frauen dabei nicht. „Kulturelle und religiöse Werte und Traditionen spielen eine große Rolle, aber auch die Tatsache, dass der Abbruch einer ungewollten Schwangerschaft gesellschaftlich noch immer missbilligt wird.“ Schließlich, so sieht sie das, handelten die wenigsten Frauen egoistisch. „Es ist durchaus eine verantwortliche Entscheidung, sich unter bestimmten Bedingungen gegen das Austragen einer Schwangerschaft zu entscheiden“, sagt sie. Und weiß natürlich, wie stark gleichzeitig das Argument für den Erhalt des Lebens ist.

Lisa König lehnt sich auf dem Sofa zurück. Hier in den Räumen von Pro Familia in Kempten saß sie schon, als sie in der Beratung war. Sie sagt, sie könne verstehen, wenn sich Frauen für eine Abtreibung entscheiden. Sie jedoch will ihr Kind bekommen. Im Juni erwartet sie einen Sohn. „Viele Frauen können keine Kinder bekommen. Vielleicht soll es bei mir jetzt eben sein.“ Auch ihr Partner freut sich. Nur zwei Fragen plagen sie noch: Wird sie mit ihrer kleinen Familie eine Wohnung finden? Und reicht das Geld? Königs Freund macht derzeit eine Ausbildung, die 21-Jährige ist auf staatliche Hilfe angewiesen. Davon hat sie schon Umstandskleidung und einen Kinderwagen gekauft.

Sicherlich spiele die finanzielle Unterstützung bei der Entscheidung für oder gegen ein Kind eine Rolle, sagt Petra Schiller. Sie leitet die Beratungsstelle Pro Familia in Augsburg. Und Rita Klügel von Donum Vitae stellt in ihren Gesprächen immer wieder fest, dass sich die Vorstellung von Familie in der Gesellschaft verändert hat. Alleinerziehende und arbeitende Frauen seien keine Seltenheit mehr. Auch Väter blieben mehrere Monate bei ihren Kindern zu Hause, Krippen würden ausgebaut. Und viele Firmen bieten flexible Arbeitszeiten an.

Lisa König will davon profitieren. Sie plant, in ein paar Jahren doch noch eine Ausbildung zu machen. „Es gibt Lehrstellen in Teilzeit. Hoffentlich bekomme ich so eine. Dann kann ich mich nachmittags um meinen Sohn kümmern“, sagt sie. Gleich hat sie einen Termin bei ihrer Hebamme, sie hat ihren Mantel schon über den Arm gelegt. Im Türrahmen hält sie kurz inne. „Schwanger und keiner darf es erfahren?“, steht auf einem Plakat in dem Beratungszimmer hinter ihr. Lisa König schließt die Tür. Deutlich wölbt sich ihr Babybauch unter der Bluse.

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