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Scheidung
12.02.2016

Betroffene erzählen: "Ich war fix und alle. Es hat so wehgetan"

Es ist ein langer Weg, aber eine Selbsthilfegruppe kann unterstützen: Irgendwann sieht man die Trennung als neue Chance. (Symbolbild)
Foto: Patrick Pleul (dpa)

Am Sonntag ist nicht nur Valentinstag, sondern auch Welttag der Ehe. Und die anderen? Die Getrennten, die Geschiedenen? Die können in einer Selbsthilfegruppe den Neubeginn lernen.

Bernhard blickt in den Raum. Anfang 50, gerader Rücken, die Beine übereinandergeschlagen. Erst schweigt er. Dann lächelt er leicht und sagt: „Mir geht es ganz gut.“ Ein Satz, so alltäglich wie nur irgendwas. Bei Bernhard ist er etwas Besonderes. Vor knapp einem Monat war er noch verheiratet, nun ist er geschieden. Fast 20 Jahre hat seine Ehe gedauert. Sie haben zwei Kinder im Erwachsenenalter, er und seine Frau – seine Ex-Frau.

Tausende Menschen in Deutschland teilen Bernhards Schicksal. Im Jahr 2014 wurden über 166.000 Ehen geschieden, knapp 135.000 Kinder wurden zu Scheidungskindern, hat das Statistische Bundesamt zusammengetragen. Das heißt: Jede dritte Ehe geht in die Brüche. Kleiner Hoffnungsschimmer: 2014 hielt eine Ehe durchschnittlich zwei Jahre länger als noch 2001.

Nun also auch Bernhard. Es ist Mittwochabend. Draußen ist es dunkel, windig und kalt. Drinnen brennt eine Kerze auf dem Tisch. Es riecht nach Früchtetee. Im Stuhlkreis sitzen mit Bernhard zwölf weitere Menschen. Jeder hält einen dampfenden Plastikbecher in der Hand. Sie alle haben dazu beigetragen, dass Bernhard jetzt sagen kann: „Mir geht es ganz gut.“

Selbsthilfegruppe "Neumond" in Augsburg für Getrennte und Geschiedene

Immer mittwochs trifft sich in einem Haus im Augsburger Domviertel die Selbsthilfegruppe „Neumond“. Alle haben sie hier eine ähnliche Geschichte. Hinter ihnen liegt eine Trennung oder eine Scheidung. Einige waren nur wenige Jahre verheiratet, andere fast ihr halbes Leben. So wie Bernhard heißen die meisten Protagonisten in dieser Geschichte im wahren Leben anders. Die Vertraulichkeit in der Gruppe soll gewahrt bleiben.

Ernst und Angelika Bauer heißen wirklich so. Das Paar sitzt mit im Stuhlkreis. Vor 17 Jahren hat Ernst Bauer die Selbsthilfegruppe gegründet, als er sich selbst scheiden ließ. Er war auf der Suche nach Menschen, denen es so ging wie ihm. Er wollte sich mit ihnen austauschen, aus ihren Erfahrungen lernen, wollte Zuspruch und Verständnis. Also das, was eine Selbsthilfegruppe bieten kann. „Wer sich trennt, will reden, reden, reden. Freunde haben da schnell genug. Betroffene verstehen das besser“, sagt er. Doch damals gab es in Augsburg und Umgebung keine Anlaufstelle für Getrennte. „Ich wollte mich nicht als Opfer fühlen, wollte mein Schicksal in die Hand nehmen“, sagt er heute.

Später lernte er Angelika kennen. Auch sie war geschieden. Sie verliebten sich und heirateten. Mittlerweile leiten sie die Gruppe gemeinsam, ehrenamtlich. Beide sind Coaches, Mediatoren, Paartherapeuten. Am Ende des Raumes steht eine Regalwand voll mit Fachbüchern. Die Bauers haben sie fast alle gelesen. Ihre Aufgabe ist es, zuzuhören, an den richtigen Stellen nachzufragen und den Betroffenen Hilfestellungen an die Hand zu geben.

Gemeinsam wird diskutiert: Warum trennt man sich?

An diesem Abend geht es um Beziehungsmuster und die eigenen Werte. Bauer spricht in die Runde: „Jeder Mensch sagt: Vertrauen ist mir in einer Beziehung wichtig. Nur was verstehen wir darunter? Der Mann sagt: Ich gehe heute Abend aus und sie fragt mich nicht wohin. Das ist Vertrauen. Die Frau sagt: Wenn er ausgeht und mir sagt wohin, das ist Vertrauen.“ Und dann fügt Bauer hinzu: „In solch einem Fall wird es schwierig.“ Ziel hinter der Übung ist es, die Trennung zu verarbeiten. Und: Die Betroffenen sollen verstehen, was schiefgelaufen ist. So können sie in einer neuen Beziehung alte Fehler vermeiden.

Warum sich Menschen trennen, ist ein weites Feld. Bei allen ist aber eines gleich: „Keiner geht leicht“, sagt Angelika Bauer. Trennungsgrund Nummer eins ist einer Umfrage des Partnerportals Elitepartner zufolge, wenn der Partner wiederholt fremdgeht. Auf Platz zwei liegen Geheimnisse, die der Partner verbirgt. Auch das Institut für Demoskopie in Allensbach hat sich mit der Frage beschäftigt. Dabei kam heraus, dass Menschen mit ihrer Partnerschaft unzufrieden sind, wenn nicht offen über Probleme gesprochen wird. Vor allem Frauen leiden, wenn in der Beziehung die Kommunikation fehlt. Probleme im Bett oder fehlende Leidenschaft stören dagegen nur wenige. Laut der Umfrage scheitern Beziehungen meistens dann, wenn die Lebenspläne der Partner nicht mehr zueinander passen, sie zu häufig streiten oder ein Partner untreu war.

Nach der Erfahrung der Bauers kommen wirtschaftlicher Druck und der gesellschaftliche Wandel hinzu. „Wenn das Haus gebaut ist, ist die Ehe kaputt“, drückt es Ernst Bauer überspitzt aus. Er meint damit, die Paare konzentrierten sich zu sehr auf Erwartungen von außen. Zusammenziehen, Haus bauen, Kinder kriegen – so gehört sich das. „Viele denken gar nicht darüber nach, ob sie das gerade wirklich wollen“, sagt Bauer.

Dazu kommen veränderte Rollenbilder. Mittlerweile wird mehr als die Hälfte der Scheidungen von Frauen eingereicht. „Sie können für sich selbst sorgen, sind nicht mehr vom Mann abhängig“, erklärt Angelika Bauer den Wandel. Wenn ihnen etwas nicht passt, gehen sie. „In der Generation unserer Großmütter war eine Frau zufrieden, wenn ein Mann ihr soziale Sicherheit gegeben hat. Das ist jetzt nicht mehr so.“ Vor der endgültigen Trennung ist die Beziehung meist schon lange in einer Krise. „Bei manchen Menschen zieht sich das über Jahre hin, bis einer den Schritt geht und sich trennt.“ Der Verlassene ist dann oft wie vor den Kopf gestoßen.

Zwischen Wut und dem Willen zum Neuanfang - es ist ein Prozess

So war es auch bei Maria. Sie ist bei der Verarbeitung ihrer Trennung noch nicht so weit wie Bernhard. Deshalb leiten die Bauers zwei verschiedene Gruppen. In der einen sind die, die sich auf einen Neuanfang zubewegen – wie Bernhard. In der anderen geht es um die Verarbeitung der Trennung. Hier herrschen Trauer, Wut, Verzweiflung, Unverständnis und Ohnmacht vor.

Maria ist Ende fünfzig. Wenn sie erzählt, wie es ihr geht, fallen Sätze wie: „Ich kann in letzter Zeit sehr schlecht schlafen“, oder: „Ich bin unheimlich wütend. Ich kann das nicht mehr zurückhalten.“ Manchmal wird ihre Stimme ganz brüchig, dann schluckt sie ein paar Tränen hinunter. Damit sie nicht in ihrer Wut und Trauer versinkt, loben die Therapeuten sie immer wieder, versuchen, das Positive hervorzuheben. „Wut ist ein wichtiges Gefühl. Du lernst jetzt, dir nicht mehr alles gefallen zu lassen“, sagt Angelika Bauer zum Beispiel. „So ein Lob tut auch mal ganz gut“, findet Maria.

Trennungen verlaufen in sechs Phasen. Maria steckt irgendwo zwischen Phase zwei und drei. „Jeder muss durch alle Phasen durch, man kann keine überspringen“, sagt Angelika Bauer. Direkt nach der Trennung setzt zuerst ein Schockzustand ein. Man will nicht wahrhaben, dass der Partner geht, ist benommen und wie in Trance. „Die Psyche kapselt sich ab, weil sie den Schmerz sonst nicht ertragen kann“, sagt Bauer.

Daran schließt sich die Phase des Kummers an. Von der erzählt Richard. Er war nicht verheiratet, lebte aber lange in einer Beziehung. „Wenn ich nach der Arbeit den Schlüssel ins Schloss gesteckt habe, konnte ich nicht mehr aufhören zu weinen. Ich wusste gar nicht warum“, sagt er. Dann beginnt die Trennung richtig wehzutun. Auch Markus kennt das: „Ich war fix und alle. Es hat so wehgetan.“ Zur Trauer mischt sich Wut. Man schläft schlecht, vergisst zu essen oder isst ununterbrochen. „Das ist die gefährlichste Zeit“, warnt Ernst Bauer. Viele Menschen gehen den falschen Weg, um den Schmerz zu überwinden. Das Harmloseste ist noch, sich in die Arbeit zu stürzen. Andere fangen an zu trinken oder nehmen Tabletten. Das betäubt. Ablenkung hilft, aber man müsse lernen, mit seinen Gefühlen auszukommen, sagt der Coach.

An den Schmerz schließt sich die Phase des Haderns an. Man geht gedanklich Was-wäre-wenn-Szenarios durch, fragt sich: Was habe ich falsch gemacht? Oder sagt: Hätte mein Partner doch nur mehr Zeit gehabt, dann wären wir noch zusammen. Die Frage nach dem Warum steht im Vordergrund. „Aber die Antworten, die man sich zu der Zeit gibt, sind nur oberflächlich. Wirklich geklärt ist die Warum-Frage erst, wenn man den eigenen Anteil am Scheitern erkennt“, sagt Angelika Bauer. Wenn diese Phase überwunden ist, geht es bergauf. Dann beginnt der Abschied. Es tut zwar noch weh, aber man weiß: Es wird wieder besser.

Die Trennung als eine neue Chance sehen

So geht es zum Beispiel Verena. Die junge Frau hat ihre Jugendliebe geheiratet. Mehr als zehn Jahre waren sie ein Paar. Dann verließ er sie. Seine Begründung: Die Gefühle fehlen. Lange Zeit hat sie sich gefragt: Warum? Was habe ich falsch gemacht? Mittlerweile hat die junge Frau es akzeptiert. Nun macht sie Dinge, die sie vorher vernachlässigt hat, probiert Neues aus, denkt an sich. Damit steckt sie schon in der Phase der Reorganisation. Statt zu trauern, beginnen die Menschen ihr Leben neu zu strukturieren und merken: Alleinsein macht ja Spaß.

Als Letztes kommt die endgültige Loslösung. Man erkennt, was man selbst zur Trennung beigetragen hat. Begegnet man dem Ex-Partner, muss man nicht flüchten, sondern bleibt gelassen. Die negativen Seiten der alten Beziehung stehen nicht mehr im Fokus. Man erkennt, was die Beziehung gebracht hat.

Der Unterschied wird in den beiden Gruppen deutlich. Die Frischgetrennten konzentrieren sich auf die schlechten Seiten ihres Ex-Partners. Sie erzählen von Lügen, von Versuchen, sich zu rächen und den Freundeskreis zu spalten. Wer schon weiter ist, lobt die guten Seiten des Partners. Verena etwa sagt: „Mein Mann war die Ruhe selbst. Mein Fels in der Brandung.“

Ernst Bauer hat festgestellt: „Viele meinen, eine Beziehung ist verarbeitet, wenn es nicht mehr wehtut. Das stimmt nicht. Sie ist verarbeitet, wenn ich mir meine Fehler eingestehen kann.“ Bernhard ist inzwischen soweit. Er sagt, seine Frau habe sich weiterentwickelt, er wollte alles so lassen, wie es war. „Seit der Scheidung bin ich sehr erleichtert.“ Kürzlich war er mit der Ex-Frau und den Kindern essen. Das erste Mal seit langer Zeit. „Das war ganz harmonisch. Wir sind uns wieder auf Augenhöhe begegnet, fast, als wären wir Freunde.“ AZ

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