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TV-Moderatorin
24.09.2017

Bruder ermordet: Shary Reeves leidet noch immer

„Es ist schlimmer als Fiktion“: Shary Reeves wollte eigentlich nicht öffentlich über den Tod ihres Bruders sprechen. Nun tut sie es doch.
3 Bilder
„Es ist schlimmer als Fiktion“: Shary Reeves wollte eigentlich nicht öffentlich über den Tod ihres Bruders sprechen. Nun tut sie es doch.
Foto: Holger Hollemann, dpa

Shary Reeves war das Gesicht der ARD-Kindersendung „Wissen macht Ah!“. 2016 starben Vater, Pflegemutter – und eben Bruder Jim. Jetzt redet sie sich den Schmerz von der Seele.

Doch, sie ist es. Der Justizbeamte am Eingang des Landgerichts Berlin muss zweimal hinschauen, um den Namen aus ihrem Pass mit ihrem Gesicht in Verbindung zu bringen. Millionen Menschen kennen es aus dem Kinderfernsehen. 16 Jahre lang hat Shary Reeves mit ihrem Kollegen Ralph Caspers „Wissen macht Ah!“ im Ersten moderiert. Eine Sendung, in der sie Kindern Fragen beantwortet hat wie: „Warum haben Kamele Höcker?“ Witzig, schlagfertig, immer mit einem Augenzwinkern.

Die Shary Reeves, die an diesem Tag die breite Treppe in die 1. Etage hochläuft, ist eine andere. Still, in sich gekehrt, einen Lederrucksack auf dem Rücken. In der Nacht zum 1. Februar 2016 ist ihr Bruder Jim, 47, ermordet worden. Jetzt stehen die mutmaßlichen Täter vor Gericht. Pawel A. und Adam K., zwei Polen, 30 und 23 Jahre alt. Was ihnen die Staatsanwaltschaft zur Last legt, ist so grausam, dass es sich kaum in Worte fassen lässt.

Auch Shary Reeves, 42, fehlen die Worte. Das hat sie schon am Telefon gesagt. Eigentlich will sie nicht öffentlich über den Tod des Bruders sprechen. Es ist nicht ihre Art, mit Gefühlen hausieren zu gehen. Dann redet sie doch. Sie sagt, über ihre Familie seien so viele Lügen verbreitet worden. Jetzt wolle sie mal reden.

Sie und ihre Geschwister treten als Nebenkläger auf. Shary Reeves sagt, ihr Verhältnis zu ihrem Bruder sei nicht das beste gewesen. „Er hat zwei Seiten gehabt, eine humorvolle und einfühlsame – und eine dunkle.“ Aber, dass die Geschwister ihre Anwälte für ihn kämpfen lassen, verstehe sich doch von selbst. „Das sind wir ihm schuldig.“

Deshalb sitzt sie jetzt mit ihrer Schwester Terry, 50, und ihrem Bruder Andrew, 46, in Saal 621 und schaut den Angeklagten ins Gesicht, so, als finde sie dort vielleicht die Antwort auf die Frage nach dem Warum. Der ältere von beiden, Pawel A., ist ein drahtiger Mann mit Brille. Er trägt eine Tätowierung quer über dem Hals. Adam K. ist einen Kopf größer, ein korpulenter Glatzkopf. Sein Blick ist leer.

Täter sollen Bruder von Shary Reeves gequält und dann ermordet haben

Den beiden wird vorgeworfen Jim Reeves brutal gequält und ermordet zu haben – aus rassistischen und homophoben Gründen. Reeves, 47, war schwarz und bisexuell. In jener Nacht im Februar 2016 hatte er in Zimmer 25 des Hostels „Happy Go Lucky“ in Berlin-Charlottenburg eingecheckt. Nach einem Streit mit seiner Freundin stand er plötzlich auf der Straße. Er suchte ein Bett für die Nacht. Elf Euro kostete der Platz im Sechsbett-Zimmer. Mehr konnte er sich nicht leisten.

Dabei war er mal ein Popstar gewesen. Fotos zeigen einen Mann mit sorgfältig gestutztem Bart und Dreadlocks, blondiert. Mitte der neunziger Jahre hatte er es mit seiner Eurodance-Band Sqeezer an die Spitze der Charts geschafft. Später arbeitete er als Moderator, Schauspieler und Model. Dann der Absturz. Alkohol, Drogen. Der Mord im Hostel. Ein Ende wie im Horrorfilm.

Der Musiker Jim Reeves, hier im Jahr 2001, war der Bruder von Shary Reeves. Im vergangenen Jahr wurde er ermordet.
Foto: Jens Kalaene, dpa

Reeves, so liest es die Staatsanwältin vor, habe den Männern „sexuelle Handlungen angetragen“. Die hätten sich auf ihn gestürzt, um ihn zu töten, „grausam und aus niederen Beweggründen“. Einer der beiden kniete sich auf seinen Brustkorb und hielt ihn fest. Der andere schlug ihn mit Fäusten und einem Stuhl ins Gesicht. Als der Stuhl zerbrach, fing die Folter erst richtig an. Nein, man hat sich nicht verhört. Die Staatsanwältin hat gerade von „Pfählung“ gesprochen.

Shary Reeves sitzt wie angewurzelt auf ihrem Platz. Die Angeklagten schweigen. Sie werden sich auch später nicht äußern, sagen ihre Anwälte. Ein Dolmetscher übersetzt ihnen die Anklageschrift ins Polnische. Die besteht zu zwei Dritteln aus den Verletzungen, die Gerichtsmediziner an der Leiche des Opfers festgestellt haben. 15 gebrochene Rippen. Leber und Milz, beide gerissen. Der Darm perforiert. Es kostet nicht viel Fantasie, sich vorzustellen, wie qualvoll dieser Tod gewesen sein muss. „Jim Reeves ist bei vollem Bewusstsein gestorben“, resümiert die Staatsanwältin. Seine Schwester schluckt.

„Es ist schlimmer als Fiktion“ sagt sie später, als sie in einem kleinen Café vis-à-vis des Gerichts in einen Sessel sinkt. Der Auftritt hat sie erschöpft. Sie sagt, drei Monate lang habe das Verbrechen sie aus dem Leben gerissen. Gearbeitet hat sie trotzdem.

In ihrer Gegend wurden sie „Bimbos“ genannt

Und sie? Hat sie keine Angst, Opfer eines rassistischen Übergriffs zu werden? Reeves schaut entgeistert. „Ich komme aus Köln-Kalk“, sagt sie, und so, wie sie den Namen dieses Ortes ausspricht, meint sie die Bronx. In den Achtzigerjahren war ihre Familie die einzige schwarze unter Italienern, Polen, Jugoslawen und Türken. In der Hierarchie der Zuwanderer standen sie ganz unten. „Bimbos“ wurden sie genannt.

Reeves sagt, alle vier hätten sie unter dem alltäglichen Rassismus gelitten. Aber sie habe der Fußball gerettet. Sie war das einzige Mädchen auf dem Bolzplatz. Ihre Hautfarbe interessierte niemanden, solange sie Tore schoss. Und Shary Reeves war talentiert. In den neunziger Jahren schaffte sie es bis in die Frauen-Bundesliga, sie spielte für den SC 07 Bad Neuenahr. Eine Karriere wie aus dem Lehrbuch für Integration. Angst, nein, Angst habe sie seither keine mehr, versichert sie. Die Bilder des toten Bruders gingen ihr zwar nicht pausenlos durch den Kopf. Aber an so einem Tag wie diesem kommen sie eben doch wieder zurück.

Es liegt ein schwieriges Jahr hinter hier. Vier Tage nach dem Mord an ihrem Bruder starb ihr Vater, ein in Kenia angesehener Philosophie-Professor, Journalist und Autor. Sie war auf dem Weg zu seiner Beerdigung, als sie die nächste Hiobsbotschaft erreichte. „Oma“ war tot, ihre Pflegemutter. Eine Rentnerin aus Köln, die schon elf eigene Kinder großgezogen und es genossen hatte, jetzt neben ihren Enkeln auch noch ein kleines schwarzes Mädchen großzuziehen.

Shary Reeves war elf Monate, als sie zu „Oma“ und „Opa“ kam. Ihre Eltern hatten sich scheiden lassen. Der Vater war nach Kenia zurückgekehrt. Ihre Mutter, eine Krankenschwester aus Tansania, war überfordert mit vier Kindern und einem Vollzeit-Job. Sie gab ihre Jüngste zu Familie Tesch. Das war Sharys Glück, vielleicht sogar ihre Rettung. Ein mit Efeu bewachsenes Haus im Kölner Stadtteil Vogelsang wurde ihr Zuhause. Sie sagt, hier habe sie etwas gefunden, von dem sie noch heute zehre. Das Gefühl, bedingungslos geliebt zu werden. Geborgenheit.

Ihr Handy blinkt. Wieder ein Anruf. So geht das den ganzen Tag. Im Juni hat sie ihren Job bei „Wissen macht Ah!“ aufgegeben. Sie sagt: „Ich wollte mal was anderes machen.“ Als Moderatorin, Autorin und Social-Media-Beraterin sei sie immer noch gut im Geschäft. Für den Abend hat SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sie und andere Kreative eingeladen, um zu testen, wie die Politik bei ihnen kommt. Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht, zum ersten Mal an diesem Tag. Sie sagt: „Ich werde ihm sagen, wie die Partei ihren Auftritt in den sozialen Netzwerken optimieren kann.“

Was Shary Reeves geholfen hat, nach dem Mord an ihrem Bruder weiterzuleben

Drei Todesfälle in sechs Wochen. Das ist mehr, als man in einem Leben ertragen kann. Aber das Leben ist weiter gegangen. Irgendwie. Sie sagt, ihr Glaube habe ihr dabei geholfen. Reeves hat ein katholisches Mädcheninternat besucht, seit sie mit sechs aus der Pflegefamilie zurückkam. Sie glaubt an ein Leben nach dem Tod. Das macht es ihr leichter, den Tod zu akzeptieren. Sie sagt, ihr Vater sei krank gewesen. Er habe losgelassen, als er vom gewaltsamen Tod seines ältesten Sohnes erfuhr. „Ich glaube, er wollte ihn über die Schwelle begleiten.“

Doch was ist das für ein Gott, der es zulässt, dass ihr Bruder so grausam hingerichtet wird? Sie sagt, es sei nicht Gotts Fehler gewesen. „Jim war eine verlorene Seele.“ Ihm habe das gefehlt, was sie stark gemacht habe. Ein unerschütterliches Selbstbewusstsein. Eine gute Menschenkenntnis. Und die Fähigkeit, traurige Erinnerungen in einem Tresor zu verschließen. Auch ihre sind dort jetzt nicht mehr sicher. Sie sagt: „Ich bin nicht der Typ, der weint. Aber wenn ich allein bin, kommt es jetzt manchmal vor, dass mich die Trauer einfach so überwältigt.“ Nicht nur deshalb ist ihr dieser Prozess so wichtig. Sie sagt: „Ich will, dass die Mörder eine gerechte Strafe bekommen, damit meine Mutter nachts wieder ruhig schlafen kann.“ Ein Urteil soll Ende Oktober fallen.

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