Bub (11) brutal missbraucht - "Er glaubte, dass das normal ist"
Ein Pädophiler aus Niedersachsen verging sich an einem Jungen, der von seinem Vater in Belgien im Internet zum Missbrauch angeboten wurde. Der Täter muss fast fünf Jahre in Haft.
Der verzerrte Gesichtsausdruck, mit dem die Richterin der Urteilsbegründung ihres Kollegen zuhört, lässt ahnen, wie nahe selbst erfahrenen Juristen der Fall geht. Für den schweren sexuellen Missbrauch eines Elfjährigen, den sein Vater in Belgien auf einer Pädophilenplattform fremden Männern anbot, verurteilt das Landgericht Hannover einen 22-Jährigen am Freitag zu vier Jahren und elf Monaten Haft. "Das ist ein Martyrium durch den Vater, das man sich kaum vorstellen kann", sagt der Richter.
Nach den Ermittlungen der belgischen Justiz hat der 45-Jährige den Jungen bereits vom Säuglingsalter an missbraucht - selbst am Tag des Missbrauchs durch den Niedersachsen hat er sich zuvor mehrfach an dem Jungen vergangen.
Inzwischen befindet sich der Schüler in psychiatrischer Behandlung, besucht eine spezielle Schule und lebt nicht mehr wie zuvor bei den getrennten Eltern, teils beim Vater in Mechelen und teils bei der Mutter in Antwerpen-Berchem.
Der Junge glaubte, das gehöre zum Leben dazu
Das umfassende Geständnis des Angeklagten, von seinem Verteidiger in einer Erklärung vorgetragen, ersparte dem inzwischen zwölfjährigen Opfer eine Vernehmung als Zeuge in Hannover. Abgespielt wird eine Videoaufzeichnung seiner Befragung durch eine belgische Polizistin. "Er hat immer wieder gebumst, gebumst, gebumst", sagt er über den Angeklagten aus dem Raum Hameln. Dass das Kind sich dabei fast übergeben muss und stark blutet, habe der Angeklagte "billigend in Kauf genommen", heißt es in der Urteilsbegründung.
Wie tiefgreifend Missbrauch ein Kind zerstört, beschreibt die Nebenklägeranwältin, die den Jungen vertritt, in ihrem Plädoyer. "Er glaubte, dass das normal ist und zum Leben dazu gehört." Er müsse nun erst lernen zu leben ohne sexuelle Übergriffe. Den ganzen Tag über stünden für ihn Psychologen und Psychiater bereit, um zu helfen. Es werde Jahre dauern, bis der psychisch geschädigte Junge über das Geschehen hinwegkomme - wenn überhaupt, sagt der Vorsitzende Richter. 20 000 Euro Schmerzensgeld will der Täter dem Opfer zahlen, die Hälfte ist bereits überwiesen.
Angeklagter entschuldigt sich vor Gericht
Mit traurigem Blick schaut der Angeklagte in Richtung des psychiatrischen Sachverständigen. Schon drei Stunden vor der Urteilsverkündung spricht dieser die für den 22-Jährigen wohl schwerwiegenden Sätze. "Das ist etwas, was ein Leben lang begleitend sein wird." Damit meint er die pädophile Veranlagung, die er dem jungen Mann gerade attestiert hat. "Man muss lernen, verantwortlich damit umzugehen, damit es nicht zu Handlungen kommt."
In seinem letzten Wort entschuldigt sich der blasse, und selbst noch kindlich wirkende Angeklagte für die Tat und sagt, er wolle hinter Gittern eine Therapie antreten. Trotz der attestierten Pädophilie bleibt für den Richter am Ende die entscheidende Frage nach dem Motiv offen: "Was bewegt einen 22-Jährigen, einen Elfjährigen mit dessen Vater zu missbrauchen?" Das Schweigen des Angeklagten auf diese Frage lasse das Gericht und die Allgemeinheit ratlos zurück.
"Wie viel Schmerzen verträgt er", hatte der 22-Jährige den Vater im Chat gefragt. Fünf Autostunden lang habe er Zeit gehabt, darüber nachzudenken, was er da vorhat, meint die Staatsanwältin. Die weitaus meiste Schuld treffe den Vater, wird am Freitag mehrfach vor Gericht betont. Der 45-Jährige sitzt in Belgien in Haft. Ihm soll dort der Prozess gemacht werden. dpa
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