"Die Staatsaffäre" auf Sat.1: Zu seicht, zu realitätsfern
Veronica Ferres als verliebte Kanzlerin: Am Dienstagabend zeigte Sat.1 den Film "Die Staatsaffäre". Der vielversprechende Titel weckte zu große Erwartungen.
Sat.1 wagt sich an eine große Geschichte: die Geschichte einer deutschen Kanzlerin mit Liebesleben, die trotz aller Gefühle ihr Land mit sicherer Hand regiert. Doch gelingt Regisseur Michael Rowitz dieser Spagat?
Ein vielversprechender Anfang sieht anders aus: Zuerst predigt Veronica Ferres alias Bundeskanzlerin Anna Bremer über ihren Job als Kanzlerin und wie wichtig ihr die Sicherheit der Menschen sei. Dann zeigt sie, mit welchem Ernst sie ihr Land regiert - "Was unterschreib ich?", fragt sie und knallt im Vorbeigehen ihre Signatur auf ein Dokument.
Veronica Ferres in "Die Staatsaffäre" als Kanzlerin
Wenig glaubwürdig wirkt kurz darauf diese Szene: Die deutsche Bundeskanzlerin hat keinen Schimmer, wer der neue französische Präsident Guy DuPont ist. Von Angela Merkel könnte man erwarten, die führenden europäischen Politiker auch vor der Wahl zum Präsidenten schon einmal gesehen zu haben. Filmkanzlerin Anna fragt dagegen "Wer zum Teufel ist Guy DuPont?"
Als die Beteiligten der Staatsaffäre - Guy DuPont und Anna Bremer - auf einem Gipfeltreffen das erste Mal aufeinandertreffen, herrscht eine Atmosphäre wie zwischen zwei 15-Jährigen auf dem ersten Schulball. Dann der verhängnisvolle Moment: Beide können nachts nicht schlafen und treffen sich in der Küche. Schnell folgt der erleuchtende Augenblick - er erzählt rein zufällig, wie er bei einer Party zum Mauerfall ein Mädchen kennengelernt hatte. Und um das Klischee zu bestätigen, lässt Anna ihre Tasse fallen: Ein Licht geht ihr auf!
Tagsüber knallharte Argumente, nachts Zärtlichkeiten
Bei der Konferenz am nächsten Tag diskutieren Anna und Guy mit allem Ernst, die der Film aufbringen kann, über die Energiewende. Danach ein tiefer Blick in strahlend blaue Augen und die Kanzlerin streitet ihrem Berater gegenüber ihre Gefühle für den Franzosen ab - ein Gespräch wie zwischen zwei kichernden Teenagern. Um den Kopf freizubekommen, geht Anna schließlich joggen. Doch der französische Präsident rennt ihr hinterher bis er ohnmächtig zusammenbricht - über die Realitätsnähe der Szene lässt sich streiten.
Als er erwacht und in ihre Augen blickt, geht auch ihm ein Licht auf: Sie war das Mädchen von der Mauerfall-Party. 25 Jahre haben sie sich nicht gesehen. Der Grund dürfte für kaum einen Zuschauer etwas Neues sein: Der Wind hatte damals einen Brief, den Guy an Anna geschrieben hatte, davongeweht.
#DieStaatsaffäre: So kommentierte das Netz den Film
Abends schleicht der Franzose sich, als Kellner verkleidet in das Hotelzimmer der Kanzlerin. Wie könnte es anders sein: Die beiden fallen nach kurzer Zeit übereinander her. Dazu noch romantische Musik - wer auf eine Romanze gehofft hat, wird hier bestens bedient.
"Die Staatsaffäre": Die Politik im Hintergrund
Und weiter geht das Geschmachte: Er entführt sie auf das Dach, wo sie sich vor 25 Jahren zum ersten Mal geküsst haben. Die folgenden Szenen triefen vor Romantik und Kitsch - im Wechsel sind die beiden heute und damals auf dem Dach zu sehen. Die Politik rückt dabei immer mehr in den Hintergrund. Hatte man es allerdings auch eher auf den Teil mit der Liebe abgesehen, könnte man durchaus mal ein Tränchen verdrücken.
Schließlich zeigt sich aber auch, dass eine Beziehung zwischen zwei Staatssoberhäuptern doch nicht so einfach ist. Nach einer Diskussion über das fällige Energieabkommen kommt es zu einem herben Streit, der damit eskaliert, dass der Franzose wutentbrannt davon stürmt. Endlich mal eine Szene, die von der bisherigen romantischen Seichte abweicht.
Drama, Tränen, Einsamkeit - doch dann ein Happy End
Es wird dramatisch - die Beziehung von Guy und Anna kommt der Politik wegen heftig ins Wackeln. Fotos von den Beiden gelangen in die Öffentlichkeit und Anna beichtet auf einer Pressekonferenz ihre Liebe zum französischen Präsidenten. Hier zeigt der Film, dass auch die deutsche Bundeskanzlerin eine Frau mit Gefühlen und Privatleben sein darf - während Veronica Ferres sich mit typischer "Merkel-Raute" präsentiert. Schließlich findet Anna ihren Geliebten wieder in der Küche. Friede, Freude, Eierkuchen - Alles ist gut, Politik hin oder her.
Um auch ein paar gute Haare an dem Sat.1-Film zu lassen: Als Komödie und Romanze weiß er durchaus zu überzeugen. Veronica Ferres stellt ihr Talent für Komödien unter Beweis und ein paar Lacher sind auf jeden Fall enthalten. Für einen gemütlichen Fernsehabend ist er also geeignet – bei dem man auch noch mitkommt, wenn man zwischendurch mal ein Glas Wein holen geht. Nur wer auf eine politische Satire mit Tiefgang gehofft hat, wird enttäuscht.
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