Doku-Drama "Der gute Göring" mit Augsburg-Bezug
Hermann Göring war ein Kriegsverbrecher. Sein Bruder Albert rettete Menschen vor den Nazis. Daraus wurde ein Doku-Drama mit Augsburg-Bezug und Francis Fulton-Smith.
Zum letzten Mal begegneten sie sich am 13. Mai 1945 in Augsburg: Hermann und Albert Göring. Der eine, Hermann, war einer der grausamsten Nazi-Verbrecher. Der andere, sein Bruder Albert, rettete Juden im Dritten Reich das Leben. In Augsburg wurden beide nach Kriegsende von amerikanischen Militärspezialisten befragt – im Verhörzentrum der 7. US-Armee im Stadtteil Bärenkeller. Hermann soll zu Albert gesagt haben: „Nimm dich meiner Frau und meines Kindes an.“ Diese letzte Begegnung kommt auch im Doku-Drama „Der gute Göring“ vor, das Das Erste am Sonntag um 21.45 Uhr zeigt. Gedreht wurde die Szene allerdings in einem alten Gefängnistrakt der JVA Wolfenbüttel.
Herr Fulton-Smith, wussten Sie eigentlich schon vor diesem Filmprojekt, dass der Nazi-Verbrecher Hermann Göring einen Bruder hatte, der vielen Verfolgten geholfen hat?
Francis Fulton-Smith: Nein, die Geschichte ist ja weitgehend unbekannt, und ich war sehr erstaunt, als mich die Produzenten unseres Doku-Dramas darauf angesprochen haben. Und ich finde es sehr interessant, dass sich sogar die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Israel mit Albert Göring auseinandersetzt.
Ihr Kollege Barnaby Metschurat spielt diesen Albert Göring, die Rolle des bösen Göring ist an Ihnen hängengeblieben …
Fulton-Smith: Stimmt, man kann die Geschichte des guten Göring nur dann erzählen, wenn man ihm den bösen gegenüberstellt. So hat es mich getroffen, und ich musste das Monster spielen.
War es denn so schlimm?
Die Rolle des Massenmörders Hermann Göring
Fulton-Smith: Der Böse ist normalerweise für einen Schauspieler immer die spannendere Aufgabe, weil er meistens mehr Abgründe hat. Aber wenn man wie in diesem Fall einen Massenmörder wie Hermann Göring spielt, dann relativiert sich das doch sehr schnell.
Muss man sich als Schauspieler auch mit jemandem wie Göring nicht zumindest ein bisschen identifizieren, wenn man ihn spielt?
Fulton-Smith: Nein, weil das in einem solchen Fall auch gar nicht geht. Sie können ein Ungeheuer wie Göring gar nicht begreifen. Es ist richtig, dass man sich als Schauspieler seiner Figur irgendwie nähern muss, um sie spielen zu können, aber eine Identifizierung war völlig ausgeschlossen. Wir sprechen hier schließlich von einem der größten Nazi-Verbrecher und Massenmörder, einem Architekten des Bösen. Ich bin heilfroh, dass ich die Rolle wieder los bin, die ist mir schon an die Nieren gegangen.
Haben Sie gleich zugesagt, als Ihnen die Rolle angeboten wurde?
Fulton-Smith: Nein, im Gegenteil. Darüber musste ich sehr lange nachdenken. Aber das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat einen Bildungsauftrag, und ich bin Schauspieler. Es ist schließlich ein historisch relevanter Stoff, und ich habe bei meinen Recherchen zu meinem Entsetzen festgestellt, dass heutzutage viele Leute gar nicht mehr wissen, wer Hermann Göring war.
Worauf kam es Ihnen an?
Fulton-Smith: Ich wollte ihn keinesfalls als den jovialen Märchenonkel darstellen, als den ihn ja viele seiner Zeitgenossen gesehen haben, sondern das Raubtierhafte und Gnadenlose an diesem Charakter herausarbeiten. Ich wollte also nicht das Klischee vom lachenden Fettsack bedienen, sondern zeigen, wie ungemein gefährlich dieser Mann war. Es wäre doch völlig falsch, wenn das auch nur den Ansatz einer Belustigung hätte, denn damit würde man den Millionen von Nazi-Opfern einfach nicht gerecht.
Göring war viel dicker als Sie, mussten Sie für die Rolle zunehmen?
Fulton-Smith: Nein, wir haben in nur 13 Drehtagen eine Geschichte erzählt, die sich von 1923 bis 1946 spannt, und deshalb mit einem Fatsuit gearbeitet, den ich mir umgeschnallt habe. Da schlüpft man wie in eine zweite Haut rein und kann dann problemlos die verschiedenen Stadien des Körperumfangs darstellen, die jemand wie Göring in mehr als 20 Jahren durchläuft.
Für Ihre Rolle als Franz Josef Strauß mussten Sie sich 20 Kilo anfuttern.
Fulton-Smith: Das ist mir Gott sei Dank erspart geblieben. Aber das hätte auch gar keinen Sinn gemacht.
Was hat Sie an der Brudergeschichte fasziniert?
Fulton-Smith: Der Kain-und-Abel-Aspekt, den das Ganze im Grunde auch hatte. Der eine wurde zum menschenverachtenden Monster, der andere hat versucht, anständig zu bleiben und ein guter Mensch zu sein. Und sie waren Brüder, das macht es so unheimlich.
Haben Sie selber einen Bruder?
Fulton-Smith: Nein, ich bin ein Einzelkind.
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