Ermittler genarrt: Falscher Informant muss nicht in Haft
Der Mord an der Bankiersgattin Maria Bögerl hat eine ganze Region in Atem gehalten. Doch sieben Monate lang führte ein Mann die Ermittler hinters Licht. Nun war der Fall erneut vor Gericht.
Ein falscher Informant im Mordfall Maria Bögerl hat sich vor Gericht erfolgreich gegen eine Gefängnisstrafe gewehrt. Das Landgericht Ellwangen (Ostalbkreis) verurteilte den 41-Jährigen am Donnerstag zu zwei Jahren Haft auf Bewährung.
Der Richter sagte, der Angeklagte habe sich den Ermittlern der Sonderkommission Flagge mit angeblich wichtigen Informationen angedient. Das sei eine schwerwiegende Straftat. Mit dem Urteil blieb das Landgericht in der Berufungsverhandlung unter dem Strafmaß des Amtsgerichts Heidenheim. Dieses hatte im Jahr 2013 gegen den Mann wegen Erpressung, Betrugs und falscher Verdächtigung drei Jahre Gefängnis verhängt.
Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung waren in Berufung gegangen, weil sie mit dem Strafmaß nicht einverstanden waren. Die Anklagebehörde hatte in der Verhandlung nun dreieinhalb Jahre Haft verlangt, die Verteidigung auf eine Bewährungsstrafe plädiert. Als Motiv für die Straftaten nannte der Richter finanzielle Probleme des Mannes: "Sie wussten nicht mehr, wie Sie die täglichen Rechnungen zahlen sollten."
Mann führte Ermittler im Fall Bögerl sieben Monate hinters Licht
Der Staatsanwalt sagte, der geständige Mann aus der Kleinstadt Giengen (Kreis Heidenheim) habe die Polizei sieben Monate hinters Licht geführt. "Er hat die Hoffnung der Hinterbliebenen auf Aufklärung der Tat mit Füßen getreten."
Die Entführung und Ermordung von Maria Bögerl beschäftigt die Ermittler seit viereinhalb Jahren. Die Täter hatten im Mai 2010 Lösegeld in Höhe von 300 000 Euro von ihrem Ehemann gefordert, dem ehemaligen Chef der Heidenheimer Sparkasse. Doch eine Übergabe scheiterte. Etwa 10 000 Spuren hat die Polizei seit dem Mord gesammelt. Die entscheidende war bislang nicht dabei.
Der Angeklagte hatte gegenüber den Ermittlern angegeben, Fotos zu haben, die angeblich die Täter und die Ermordete zeigten. Der Mann gab sogar vor, eine Zigarettenkippe vom Täter und ein Stück Folie, in der die Leiche eingewickelt gewesen sein sollte, zu besitzen. Außerdem bezichtigte er mehrere Personen zu Unrecht des Mordes.
Der Kontakt zu den Ermittlern war über ein anonymes Hinweisgebersystem über das Internet zustande gekommen. Um nicht gleich aufzufliegen, wandte der 41-Jährige sich mit verschiedenen Identitäten an die Polizei. Insgesamt kam es zu 77 Treffen zwischen der Polizei und dem Mann, der in seiner Vergangenheit schon einmal für den Zoll als V-Mann gearbeitet hatte.
5000 Euro für falsche Informationen kassiert
Für die falschen Informationen kassierte der Mann knapp 5000 Euro Aufwandsentschädigung. Als ihm noch mehr Geld ausgezahlt werden sollte, übergab er der Polizei eine Uhr - angeblich von den Tätern. An dem Zeitmesser wurde aber DNA von dem Angeklagten gefunden.
Auf die Idee für die Tat war der 41-Jährige nach eigener Aussage durch eine Fahndung in der TV-Sendung "Aktenzeichen XY" gekommen, die ihn auch auf die ausgesetzte Belohnung im Fall Bögerl aufmerksam machte. Zu diesem Zeitpunkt hatte er nach einer Privatinsolvenz gerade wieder angefangen, sich eine geordnete Existenz aufzubauen.
Die Tat sei die reinste Dummheit gewesen, sagte der 41-Jährige, der sich zugleich bei den Hinterbliebenen entschuldigte. Er habe sich von der Polizei in die Enge getrieben gefühlt und deshalb weitere Informationen geliefert. Doch es habe Möglichkeiten gegeben, dass ganze Spiel rechtzeitig zu beenden, entgegnete der Richter.
Der Oberstaatsanwalt hob hervor, dass der 41-Jährige hartnäckig falsche Informationen geliefert habe. Und es sei ein hoher Ermittlungsaufwand betrieben worden, um ihn zu entlarven. Der Verteidiger sprach von einer "wahnsinnigen Idee" seines Mandanten. Nun gehe dessen Leben aber wieder in die richtige Richtung.
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