Ex-Krankenpfleger Niels H. wegen 97 weiteren Morden angeklagt
Der bereits verurteilte Krankenpfleger Niels H. wurde wegen 97-fachen Mordes angeklagt. Die Untersuchungen sind nun abgeschlossen. Drei Verdachtsfälle können nicht belegt werden.
Im Fall der beispiellosen Mordserie des ehemaligen Krankenpflegers Niels H. aus Niedersachsen hat die Staatsanwaltschaft Anklage wegen 97-fachen Mordes erhoben. Das teilte die Behörde am Montag in Oldenburg mit. Demnach sind die letzten toxikologischen Tests an potenziellen Opfer abgeschlossen.
Nach Angaben der Ermittler ließ sich bei drei zunächst als Verdachtsfällen geführten Toten nicht mit erforderlicher Sicherheit nachweisen, dass H. ihren Tod herbeiführte. Daher kamen nicht wie zunächst erwartet 100 neue Fälle zur Anklage.
Die Anklage ist das Ergebnis jahrelanger Ermittlungen. Hunderte Patientenakten hatten die Fahnder ausgewertet und mehr als 100 Leichen ausgraben lassen, um sie auf Rückstände von Medikamenten zu untersuchen. "Er ist weitgehend geständig", sagte Oberstaatsanwalt Martin Koziolek.
Ehemaliger Krankenpfleger Niels H. bereits wegen sechs weiterer Taten verurteilt
Der frühere Krankenpfleger ist bereits wegen sechs weiterer Taten rechtskräftig verurteilt, so dass nach jetzigen Stand von 103 mutmaßlichen Taten auszugehen ist. Zwischenzeitlich waren die Ermittler nach eigenen Angaben von 106 ausgegangen.
H. verbüßt bereits eine lebenslange Haftstrafe. Er arbeitete von 1999 bis 2005 als Krankenpfleger auf Intensivstationen in Kliniken in Oldenburg und Delmenhorst in Niedersachsen. 2000 begann er nach den Ermittlungsergebnissen von Polizei und Staatsanwaltschaft damit, Intensivpatienten eigenmächtig Medikamente zu verabreichen, um Herz-Kreislauf-Stillstände auszulösen."Dies tat er, um seine Fähigkeiten im Bereich der Reanimation gegenüber Kollegen und Vorgesetzten präsentieren zu können und um seine Langeweile zu bekämpfen", sagte Koziolek. Viele starben dabei.
Kommt es zu einem neuen Prozess gegen Niels H.?
Für die Prüfung der Anklage zuständig ist das Landgericht Oldenburg. Es muss nun entscheiden, ob es zu einem neuen Prozess gegen den Ex-Pfleger kommt. Wie lange das dauert, konnte Gerichtssprecher Michael Herrmann am Montag noch nicht abschätzen. "Die Akten sind heute Morgen bei uns entgangenen." Diese umfassten zehn Umzugskartons. Angesichts der vielen Opfer könnte das Verfahren zur logistischen Herausforderung werden. Die voraussichtlich hohe Zahl von Nebenklägern und deren Vertretern würde die Kapazitäten das Landgerichts sprengen. Deshalb müsste das Gericht vermutlich auf eine Alternative in der Stadt ausweichen.
Die Delmenhorster Anwältin Gaby Lübben, die nach eigenen Angaben etwa 100 Angehörige vertritt, zeigte sich zufrieden. "Es geht jetzt voran. Wir haben bisher in einer Warteschleife gehangen." Der Prozess sei wichtig für ihre Mandanten, um mit den Taten umzugehen und diese zu verarbeiten. (afp/dpa)
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