Florenz will Touristen mit Wasserschlauch vertreiben
Wer in der toskanischen Hauptstadt am falschen Ort rastet, macht seit Kurzem Bekanntschaft mit dem Wasserschlauch. Rom und die Insel Capri haben genauso kuriose Pläne.
Man muss sich das einmal vorstellen: Spaziergang am Arno, ein Abstecher in die Uffizien, dann noch den Ponte Vecchio besichtigen und schließlich den Dom. Die Juni-Hitze in Florenz fordert ihren Tribut, spätestens gegen Mittag lassen die Kräfte nach. Ein Panino mit Mortadella auf die Hand, vielleicht ein kühles Bier. Dann ein Sitzplatz, aber wo? Sitzplätze ohne Zwang zum Essenskauf sind in Italiens Kulturmetropolen rar gesät, der ermüdete Tourist lässt sich schon mal auf den Stufen einer Kathedrale, den Treppen einer Piazza oder eines Brunnens nieder, auch wenn dieser vom großen Bildhauer Michelangelo entworfen worden ist.
Dolce Vita in Florenz, das war einmal
Aber dann kommen sie, die Saubermänner des Bürgermeisters in ihren orangenen Hosen. Bewaffnet mit Wasserschläuchen, sind sie von der Obrigkeit angehalten, die Touristen unsanft von dannen zu spritzen. Dolce Vita, das war einmal. Bürgermeister Dario Nardella hat zwar großzügigerweise versprochen, die Angestellten der Florentiner Stadtreinigung würden mit ihren Schläuchen nicht direkt auf die internationalen Gäste zielen oder gar Hydranten zur Vertreibung verwenden. Aber sein vor Tagen erlassenes Dekret zum Schutz der wunderbaren Innenstadt von Florenz ist völlig ernst gemeint. „Wir haben die Pflicht dafür zu sorgen, dass man die Schönheit unserer Stadt respektiert“, sagte Nardella.
Wer trotz kalter Dusche respektlos mitten im Weltkulturerbe pausiert, muss zumindest die Unannehmlichkeit eines nassen Hinterteils in Kauf nehmen.
Italien lebt von Touristen, ist aber auch genervt von ihnen
Die seit Juni probeweise in Florenz eingeführte Maßnahme zeigt das Dilemma, in dem sich viele italienische Kulturmetropolen befinden. Bevölkerung und Stadtverwaltungen sind immer weniger tolerant im Hinblick auf die Besuchermassen aus dem Ausland. Gleichzeitig ist der Tourismus eine der wenigen Wachstumsbranchen in Italien, von der Teile der Bevölkerung wirtschaftlich stark profitieren.
Auch in anderen Städten werden drastische Maßnahmen diskutiert. In Rom etwa stritten sich die Verantwortlichen über die Bewahrung der kürzlich frisch renovierten Spanischen Treppe. Um die Sehenswürdigkeit vor Picknickern aus Übersee und ihren Reminiszenzen wie ausgespuckten Kaugummis zu retten, wurde eine nächtliche Umzäunung ins Spiel gebracht, die die Stadtverwaltung letztlich aber ablehnte.
Nach Venedig kommen jährlich bis zu 25 Millionen Touristen
Die Abneigung gegen „die neuen Barbaren“, wie der Corriere della Sera die schlecht erzogenen Touristen nannte, nimmt exponentiell zu. Umso mehr bei Vorfällen wie dem eines Urlaubers, der splitternackt den historischen Brunnen als Schwimmbecken missbrauchte. Gestern wurde bekannt, dass Leute künftig bis zu 240 Euro Strafe zahlen müssen, wenn sie im Brunnen baden, Picknicken oder Kleidung und Tiere darin waschen. Das Dekret gilt vorerst bis kommenden Oktober.
Für Anziehungspunkte wie die Insel Capri oder die Cinque Terre in Ligurien überlegt man, Zugangsbeschränkungen einzuführen – Obergrenzen für Touristen quasi. Dieselbe Debatte wird ohne konkrete Ergebnisse seit Jahrzehnten auch in Venedig geführt, der italienischen Stadt, die ihren authentischen Charakter angesichts des Ansturms weitgehend eingebüßt hat. Nur noch rund 55.000 Menschen leben dort, die echten Venezianer werden immer weniger. Schätzungen zufolge ergießen sich aber bis zu 25 Millionen Besucher jährlich über die Stadt.
Wie also den Massentourismus in Italien in vernünftigere Bahnen lenken? Florenz hat sich für den Wasserschlauch entschieden, dessen Wirkung aber begrenzt sein könnte. In der toskanischen Sommerhitze ist das Trottoir besonders schnell wieder trocken.
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