Germanwings-Unglück: Könnten Flugzeuge ferngesteuert werden?
Wenn Flugzeuge vom Boden aus gelenkt würden, wäre das Germanwings-Unglück womöglich nie passiert. Ein Experte erklärt, wie das klappen könnte und worauf es ankommt.
Axel Raab ist Sprecher der Deutschen Flugsicherung, die für die Flugverkehrskontrolle in Deutschland zuständig ist. Er erklärt im Interview, wie Flugzeuge vom Boden aus gelenkt werden könnten.
Wäre es möglich, Passagiermaschinen vom Boden aus zu steuern?
Raab: Ja. Die Vorstellung ist: Wenn bekannt wird, dass ein Flugzeug aus irgendeinem Grund nicht mehr aus dem Cockpit gelenkt werden kann, könnte man vom Boden aus eingreifen. Da sind viele Szenarien denkbar, es könnte ja sein, dass die Crew ohnmächtig wird oder dass eben, wie im Fall der Germanwings-Maschine, der Co-Pilot den Flieger absichtlich zum Absturz bringt. In so einem Fall könnte man einen Flugplan ins Cockpit funken. Das ist möglich, wir haben die Verbindung, um Daten auszutauschen. Und das Flugzeug würde dann diesen Flugplan abfliegen und auf diesem Weg eine sichere Landung absolvieren.
Ist das technisch machbar?
Raab: Dieses System gibt es noch nicht. Aber die Voraussetzungen dafür sind vorhanden. Wir haben sogenannte Mode-S-Transponder, das sind Geräte an Bord des Flugzeuges, die man mithilfe der Radarantennen ansteuern kann. Da kann man Botschaften oder Freigaben ins Cockpit funken. Und insofern wäre es sicher technisch möglich, einen Flugplan in das Flightmanagement-System zu bringen.
Und die Crew an Bord könnte diesen Flugplan dann nicht mehr abändern?
Raab: Nein, das ist genau der Punkt, dass das unwiderruflich ist. Das muss dann auch so sein, dass der Flugplan mit einem bestimmten Code versehen wird, der von der Crew nicht mehr so einfach geändert werden kann.
Das macht die Flugzeuge dann natürlich vom Boden aus angreifbar...
Raab: Das ist richtig. Wir sind uns dieser Gefahr bewusst. Aber was wir machen wollen, ist einfach einen Denkanstoß zu geben. Flugzeuge vom Boden aus zu lenken ist heute technisch absolut machbar. Wir können heute zum Mond fliegen, wir können zur Internationalen Raumstation fliegen oder auf ferne kleine Kometen, und das alles ferngesteuert vom Boden aus – ohne dass dabei bisher etwas passiert ist. Da haben noch nie irgendwelche Hacker eingegriffen. Und auf der anderen Seite stürzt ein Flugzeug mitten in Europa ab, und die Fluglotsen müssen hilflos zusehen. Sie haben das kommen sehen und konnten überhaupt nichts machen. Deshalb unser Vorschlag. Es muss erlaubt sein, darüber nachzudenken, ob man solche technischen Eingriffe in Zukunft haben will und auf diese Weise vielleicht Menschenleben retten kann.
Jetzt fliegen Passagiermaschinen ja aber nicht nur im Inland, sondern auf der ganzen Welt. Würde man wollen, dass die Bodenbesatzung in irgendeinem Land die Kontrolle über ein Flugzeug aus einem anderen Land übernimmt?
Raab: Die Idee ist ja, einen Flugplan hochzuschicken, der das Flugzeug auf einen bestimmten Weg bringt. Da ist ja keine Gefahr dabei. Das Schlimmste, was dabei passieren kann, ist, dass das Flugzeug dann auf irgendeinem Flughafen landet. Die ganzen Modalitäten, wer das alles machen darf, wann das gemacht wird und wie das genau geregelt wird, das muss alles noch geklärt werden. Deshalb sagen wir auch: Das könnte frühestens im nächsten Jahrzehnt umgesetzt werden.
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