Mallorca kämpft gegen das Eimersaufen
Die spanische Insel will seriöse Urlauber und am Ballermann durchgreifen. Doch ein Gericht hat das strenge Sittengesetz gekippt.
Eine leckere und eiskalte Sangria in einem netten Strandlokal gehört für viele Touristen zum Mallorca-Urlaub einfach dazu. Es muss ja nicht gleich aus Eimern getrunken werden – jenem Zehn-Liter-Behältnis, das zum Symbol eines ungezügelten Sauftourismus geworden ist, der von Mallorcas Sittenwächtern bekämpft wird. Vor allem, weil die betrunkenen Horden dem Image Mallorcas schaden und oft die öffentliche Ordnung stören.
Dieser Tage konnten die Kampftrinker vorübergehend jubeln, weil sie Amtshilfe von Mallorcas oberstem Gericht bekamen. Die Richter kippten ein Benimmgesetz der Inselhauptstadt Palma, das öffentliche Besäufnisse, Ruhestörung, Strandverschmutzung, Wildpinkeln und anderes „unzivilisiertes Verhalten“ verbot. Grund: Das Rathaus habe seine lokale Zuständigkeit überschritten und in nationale Kompetenzen eingegriffen.
Sangria-Eimer werden weiterhin beschlagnahmt
Dieses Sittengesetz, mit dem seit 2014 an der Playa de Palma, dem „Ballermann“-Strand, für Ordnung gesorgt wurde, ahndete mehr als 100 mögliche Rechtsverstöße. Darunter auch die an Palmas Tourismusmeile ausufernde Prostitution sowie Trickbetrug, Drogengeschäfte und den Verkauf durch fliegende Händler. Aber auch Straßenkünstlern wurde das Leben schwer gemacht, was viel Kritik hervorrief. Im Volksmund hieß das dicke Regelwerk nur „Eimersaufverbot“.
„Dürfen sich Urlauber an der Partymeile Playa de Palma bald wieder benehmen, wie sie wollen?“, fragte die Inselzeitung Mallorca Magazin besorgt. Palmas Rathaus beruhigte inzwischen die Reisebranche, die seit Jahren fordert, konsequent gegen Alkoholexzesse und Sextourismus vorzugehen und stattdessen für einen „Qualitätstourismus“ zu werben.
Eine Rathaussprecherin sagte: „Die Sangria-Eimer kehren nicht an den Strand zurück.“ Die Stadtverwaltung Palmas weist darauf hin, dass nach der Annullierung der „Verordnung für zivilisiertes Zusammenleben“ automatisch wieder jene kommunalen Normen gelten, die durch das Sittengesetz ersetzt worden waren. Das reiche aus, um „unbürgerliches Benehmen“ zu bestrafen. „Es gibt keine gesetzliche Lücke“, sagte die Sprecherin.
So werden etwa öffentliche Trinkgelage künftig wieder mit einer Bestimmung aus dem Jahr 2011 bekämpft. Damit habe man genügend Handhabe, um gegen das Eimersaufen am Strand vorzugehen. Die Polizei werde weiterhin Verstöße mit Geldbußen ahnden und Sangria-Eimer beschlagnahmen, hieß es. Palmas sozialistischer Bürgermeister José Hila will sogar am Ballermann noch härter durchgreifen, den Alkoholverkauf beschränken und die Polizeipräsenz verstärken. Bald sollen nur noch autorisierte Geschäfte alkoholische Getränke verkaufen dürfen – und das nur zu bestimmten Zeiten. Derzeit ist Alkohol immer und überall erhältlich.
Als das nun wieder gekippte Benimmgesetz noch galt, waren übrigens rund 18000 Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet worden, vor allem wegen illegalen Straßenverkaufs, Drogenbesitzes, Betrügereien, Lärmbelästigungen und öffentlichen Alkoholkonsums.
Die Diskussion ist geschlossen.