Manipulationen bei Herztransplantation an fünf Kliniken
Fünf deutsche Kliniken sollen "systematische Fehler und Manipulationen" bei Herztransplantationen begangen haben.
Im Zuge der Aufklärung des Organspendeskandals haben die Prüfer an fünf Kliniken "systematische Fehler und Manipulationen" bei Herztransplantationen festgestellt. Das betrifft Kliniken in München, Berlin, Heidelberg, Jena und Köln, wie die bei der Bundesärztekammer angesiedelten Prüfungs- und Überwachungskommission am Donnerstag bei der Vorstellung ihres Jahresberichts in Berlin mitteilte. In allen Fällen hätten die Transplantationszentren Patienten durch Medikamentengaben kränker erscheinen lassen als sie tatsächlich waren, was ihre Chancen auf ein Spenderorgan erhöhte.
Manipulation bei Herztransplantationen geschah in mehreren deutschen Kliniken
Neben dem bereits bekannten Fall des Herzzentrums Berlin hat es auch Manipulationen an der Herzchirurgischen Klinik und Poliklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie den Universitätskliniken Heidelberg, Jena und Köln gegeben.
Die Prüfer betonten zugleich, dass in den meisten Transplantationszentren "ordnungsgemäß und korrekt" gearbeitet wurde. Im Bereich der Transplantation von Nieren, Bauchspeicheldrüsen oder bei kombinierten Transplantationen beider Organe habe es keine Anhaltspunkte für systematische Richtlinienverstöße oder Manipulationen gegeben.
Bei den Lungentransplantationsprogrammen wurden eine Vielzahl an Auffälligkeiten festgestellt, die aber dem Bericht zufolge in den meisten Fällen auf Versehen, Unkenntnis oder mangelnde Sorgfalt zurückzuführen sind. Systematische Manipulationen wurden hier nur in zwei Zentren - dem Universitätsklinikum Jena und der LMU München - aufgedeckt.
Im Sommer 2012 war bekannt geworden, dass Ärzte an mehreren deutschen Kliniken offenbar Patientendaten manipuliert und so die Vergabe von Spenderlebern beeinflusst hatten. Seither hat die Prüfungs- und Überwachungskommission alle 126 Transplantationsprogramme an den insgesamt 46 Transplantationszentren in Deutschland und speziell die Organtransplantationen in den Jahren 2012 bis 2012 unter die Lupe genommen.
Nach Organspende-Skandal soll sich die Gesamtbilanz in Kliniken verbessert haben
Die Gesamtbilanz sei "sehr positiv", erklärte die Vorsitzende der Prüfungskommission, Anne-Gret Rinder. In vielen Transplantationszentren sei "ein Struktur- und Kulturwandel erkennbar", der Folge der stärkeren Kontrollen nach dem Skandal sei. So wurde unter anderem ein Mehraugenprinzip bei der Anmeldung von Patienten auf der Warteliste für ein Spenderorgan eingeführt.
Hans Lippert, Vorsitzender der Überwachungskommission, erklärte, die regelmäßigen Kontrollen trügen dazu bei, "verloren gegangenes Vertrauen der Menschen in die Transplantationsmedizin zurückzuerlangen".
Untersucht haben die Experten auch 45 Fälle von Hirntodfeststellungen im Zeitraum von 2010 bis 2014. Die unzweifelhafte Feststellung des Hirntodes ist nach dem deutschen Transplantationsgesetz die Voraussetzung für eine Organspende. Den Kommissionen zufolge wurde keinem Patienten eine potentiell lebenserhaltende Behandlung vorenthalten. In einem Fall erfolgte die Feststellung des Hirntods zwar nicht nach den Richtlinien, es kam aber zu keiner Organentnahme.
In Deutschland warten derzeit mehr als 10.000 schwer kranke Menschen auf ein Spenderorgan. Infolge des Transplantationsskandals waren die Spenderzahlen massiv eingebrochen. Erst in diesem Jahr zeichnet sich eine Stabilisierung ab. Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) gab es in den ersten neun Monaten 672 Organspender, das waren mehr als im Vorjahreszeitraum, als nur 649 Spender registriert wurden. Andrea Hentschel/afp
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