Mick Jagger und Keith Richards: Das Chamäleon und der Rabauke
1961 begegneten sich zwei Typen und beschlossen: Wir machen was. Und das tun Mick Jagger und Keith Richards mit den Rolling Stones bis heute. Ein Porträt vor dem Konzert in München.
Was wäre aus ihnen geworden, hätte es nicht diese Zufallsbegegnung gegeben, an die eine Plakette im Bahnhof von Dartford erinnert?
Michael Philipp Jagger (*26.7.1943) und Keith Richards (*18.12.1943) waren sich in ihrer Heimatstadt im Süden von London schon im Bubenalter begegnet, hatten sich aber aus den Augen verloren, sahen sich erst als Jugendliche auf dem Bahnsteig wieder. Was vielleicht folgenlos geblieben wäre, hätte Jagger nicht einige amerikanische Blues-Schallplatten dabeigehabt, die Richards’ Interesse weckten.
Die beiden erkannten: Wir spielen in derselben Tonart. Sie beschlossen: Wir machen was zusammen. Das war am 17. Oktober 1961. Dass die beiden zusammengeblieben sind – erstaunlich. Denn abseits der musikalischen Harmonie bestehen charakterliche Dissonanzen. Selbstvertrauen und Machtbewusstsein ist beiden eigen. Jagger aber ist eine chamäleonhafte Persönlichkeit, mal charmant, mal schroff, meist abwägend (außer auf der Bühne und im Bett). Richards dagegen gibt den Rabauken mit Herz, der Launen und Ansichten ungehemmt freien Lauf lässt. In Privat- und Liebesdingen ist er aber überraschend biedermännisch veranlagt. Aus zwei nennenswerten Beziehungen gingen je zwei Kinder hervor. Mit der Amerikanerin Patti ist er seit fast 34 Jahren verheiratet und erfreut sich der ländlichen Ruhe im US-Bundesstaat Connecticut.
Rolling Stones: Am Dienstag spielen sie in München
Jagger dagegen … Wikipedia verzeichnet acht Kinder mit fünf Frauen und zwei Ehen. Dazu kommen zahllose Affären.
Jaggers Beziehung zu Richards lag in den 1980er Jahren lange auf Eis. Einer der Gründe: „Kiff“ Richards war aus einem mehr als eineinhalb Jahrzehnte währenden Drogendelirium erwacht und hatte festgestellt, dass Jagger in der gemeinsamen Band den Boss gab. Beide nahmen Soloplatten auf, spielten Solokonzerte. Mit für ihre Verhältnisse mäßigem Erfolg. Womit die Eingangsfrage beantwortet sein dürfte.
1989 war der „dritte Weltkrieg“ (Richards) beendet. Ihr kreativer Höhepunkt lag da zwar längst hinter Jagger und Richards, aber sie bauten ihre Band zur größten Show-Attraktion aus, die dieser Planet zu bieten hat. Am Samstag feierten 82.000 Fans in Hamburg die Stones beim ersten ihrer drei Deutschland-Konzerte. Am Dienstag gastieren sie zusammen mit den Bandkollegen Charlie Watts und Ronnie Wood in München. Das Olympiastadion ist ausverkauft. Vermutlich zum letzten Mal wird die legendäre, kein bisschen übertriebene Ansage zu hören sein: „Ladies and gentlemen, please welcome, the greatest Rock-’n’-Roll-Band in the world: The Rolling Stones.“
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