Mike Nichols - ein Spezialist für Zweierbeziehungen
Mike Nichols, Regisseur von Filmklassikern wie „Die Reifeprüfung“, starb mit 83 Jahren. Als Regisseur legte Nichols unbarmherzig gesellschaftliche Tabus offen.
Als Michael Igor Pechkowsky im Alter von sieben Jahren aus Deutschland in den USA ankam, war noch nicht abzusehen, dass er einmal einer der renommiertesten Regisseure Hollywoods werden würde – der Junge, 1931 in Berlin als Sohn jüdischer Eltern geboren, war auf der Flucht vor den Nazis. Als Mike Nichols, wie er sich nun nannte, heimste er später wie nur wenige andere Künstler die höchsten US-Kulturpreise ein – einen Oscar, einen Grammy, mehrere Emmys und Tonys.
Mike Nichols begann Laufbahn beim Varieté
Nichols, Enkel des deutschen Anarchisten Gustav Landauer und der Schriftstellerin Hedwig Lachmann, begann seine Laufbahn beim Varieté und arbeitete sich als Autor und Regisseur hoch bis an den Broadway. Bei seinem Debüt als Filmregisseur verband er Theater und Kino, als er 1966 Edward Albees Stück „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ adaptierte. Nichols’ Filmversion lebte natürlich ganz wesentlich von den Hauptdarstellern Liz Taylor und Richard Burton, die in dieser Geschichte eines Ehekriegs ihre eigene Beziehungskrise spiegelten.
"Die Reifeprüfung" machte Dustin Hoffmann berühmt
Doch zeigte sich bereits hier Nichols’ Talent, so elegant wie unbarmherzig gesellschaftliche Tabus offenzulegen. Das galt nicht weniger für seinen zweiten Film „Die Reifeprüfung“, der die offiziell anstößigen Liebesbeziehungen eines jungen Mannes zum Thema machte – und für Dustin Hoffmann der Treibsatz war zu einer Karriere als einer der ganz großen Hollywood-Schauspieler. Nichols brachte der Film den Oscar ein.
Gute Figur als Regisseur
Auch wenn die Arbeiten des Regisseurs nicht immer so erfolgreich an der Kasse waren, wie die Studios sich das gewünscht hätten, so war der Name Nichols fortan doch ein Qualitätsmerkmal. Das gilt für den stark satirischen Antikriegs-Streifen „Catch 22“ ebenso wie für „Silkwood“, die Verfilmung der Lebensgeschichte einer Atomkraft-Technikerin, dargestellt von Meryl Streep. Zwar verstand es Nichols, in ganz unterschiedlichen Genres eine gute Figur als Regisseur zu machen. Zu Hochform lief er aber insbesondere dort auf, wo er Bühnenstoffe auf die Leinwand brachte. Glänzend gelang ihm das noch einmal mit „Hautnah“, einem Beziehungskarussell, in dem sich Julia Roberts, Natalie Portman, Jude Law und Clive Owen drehten – eine messerscharfe Studie über Liebe und Lüge in der Partnerschaft.
Am Mittwoch ist Mike Nichols, verheiratet mit der Starjournalistin Diane Sawyer, im Alter von 83 Jahren gestorben.
Die Diskussion ist geschlossen.