Mit Betonklotz beschwerte Leiche scheint vermisster Vater zu sein
In einem kleinen Ort an der Elbe verschwindet eine Familie. Der Vater wird dort noch im Wagen gesehen. Jetzt wird ein Toter aus dem Fluss gezogen. Eine Sonderkommission ermittelt.
Die Suche nach einer vermissten Familie aus Niedersachsen könnte eine Tragödie enthüllen: In der Morgendämmerung zieht die Feuerwehr am Elbufer in Lauenburg einen Toten aus dem Fluss. "Derzeit sprechen einige Indizien dafür, dass es sich bei dem Verstorbenen um den 41-Jährigen aus Drage handelt", teilt Polizeisprecher Jan Krüger am Freitag mit. "Ein erweiterter Suizid wird dadurch wahrscheinlicher", befürchtet er - ein Familiendrama also könnte die Ursache sein. Von der zwei Jahre älteren Ehefrau und der zwölfjährigen Tochter fehle aber weiterhin jede Spur.
Auch Suchhunde waren im Einsatz, Hubschrauber waren aufgestiegen und Taucher stiegen in den Fluss - alles vergeblich. Dann der grausige Fund in Lauenburg in Schleswig-Holstein. Nördliches Elbufer, nur etwa 20 Kilometer flussaufwärts vom niedersächsischen Drage, einem 4100-Einwohner-Ort gleich hinter dem Deich.
"Ich war bei der Bergung dabei", sagt Lars Heuer, Wehrführer der Gemeinde. "Wir haben mit 20 Kameraden die leblose Person geborgen", schildert er die Situation am frühen Morgen nüchtern. Die Sprache ist klar, die Stimme ruhig - schnell ahnt man: Heuer hat Erfahrung mit solch unerfreulichen Einsätzen. "Mit einem Rettungsboot haben wir den Toten ans Ufer gebracht und dort der Polizei übergeben." Genau um 5.29 Uhr sei die Feuerwehr alarmiert worden, erinnert er sich noch.
Anwohner sahen Leiche in der Elbe treiben
Anwohner hätten den Toten in der Morgendämmerung am Elbufer treiben sehen und die Polizei verständigt, heißt es in einem "SHZ"-Online-Bericht. Die Leiche sei mit einem Betonklotz von etwa 25 Kilogramm beschwert gewesen, so wie sie für mobile Baustellenzäune verwendet werden. Der Tote müsse bereits mehrere Tage im Wasser gelegen haben, habe der Notarzt geschätzt.
Nur wenige hundert Meter entfernt führt die große Brücke über den Fluss, es gibt nicht viele in der Region. "Hinweise auf ein Fremdverschulden gibt es nach jetzigen Erkenntnissen nicht", heißt es am Mittag bei der Polizei in Ratzeburg. Bleiben also Unfall oder Selbstmord. Noch immer wird das grüne Herrenfahrrad des 41-Jährigen vermisst, ein in der Nähe der Brücke gefundenes Rad sei es nicht gewesen, sagt Krüger. Eine Spur weniger.
Der 41-Jährige war am Donnerstag vergangener Woche das letzte Mal im Auto der Familie bei Drage gesehen worden, die Spuren von Frau und Tochter verlieren sich schon am Tag zuvor. Das war der letzte Schultag in Niedersachsen vor den Sommerferien. Im schon bezahlten Reiterurlaub sei die Tochter nicht angekommen, berichten Zeitungen später. Ein spontaner Kurzurlaub der Familie sei äußerst unwahrscheinlich, muss Krüger in den kommenden Tagen immer öfter wiederholen. Viel kann er den Journalisten nicht sagen.
Vermisste seien "ganz normale Familie"
Seit die Suche in der unmittelbaren Umgebung eingestellt wurde, konzentrieren sich die Ermittler auf Aussagen von Arbeitskollegen, Nachbarn, Freunden und Verwandten. "Von der Familie haben uns die Zeugen ein eher unauffälliges Bild beschrieben", sagt Krüger.
Die Vermissten seien eine "ganz normale Familie" hat auch ein Nachbar betont - viele wollten den herbeigeeilten Journalisten gar nichts sagen. Vielleicht wussten sie in der stillen und gepflegten Siedlung in Drage auch nichts über die drei, die plötzlich verschwunden sind. Es könnte eine Tragödie in mehreren Akten werden: "Wir haben am Fundort des Toten Spürhunde auf Booten im Einsatz", sagt Krüger am frühen Abend. "Wir wollen so herausfinden, wo die Person ins Wasser gelangte oder ob dort weitere Tote zu finden sind." Von Peer Körner, dpa
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