"Mord verjährt nicht" - Bögerl-Ermittler hoffen weiter auf Erfolg
Sechseinhalb Jahre Arbeit, über 10.300 Hinweise und keine heiße Spur. Beim Mordfall Maria Bögerl tappen die Ermittler seit Jahren im Dunkeln - aber der Fall treibt sie weiter um.
Auch wenn Thomas Friedrich abends sein Büro verlässt, lässt ihn der Fall einfach nicht los. Er habe stets ein Stück Papier und einen Stift auf seinem Nachtkästchen neben dem Bett liegen, erzählt er, jede Nacht. Denn ihn plagt die Angst, dass er etwas vergessen könnte. Dass ihm vielleicht doch noch die zündende Idee kommt, die zur heißen Spur führt, zur Lösung seines Falls. "Wir gehen abends mit Maria Bögerl ins Bett und stehen morgens mit Maria Bögerl auf", sagt der Chefermittler. Doch der Mörder der Bankiersgattin ist auch nach mehr als sechs Jahren noch auf freiem Fuß.
Der Fall ist einer der bekanntesten ungeklärten Mordfälle der Republik: Am 12. Mai 2010 wird die Frau des damaligen Heidenheimer Sparkassenchefs Thomas Bögerl aus ihrem Haus im Ortsteil Schnaitheim entführt. Die Täter verlangen 300 000 Euro, doch die Übergabe des Lösegelds scheitert. Anfang Juni findet ein Spaziergänger die verweste Leiche der 54-Jährigen an einem Waldrand bei Heidenheim. Bögerl, zweifache Mutter, wurde erstochen. Ihr Ehemann tötet sich ein Jahr später selbst. Er war in Verdacht geraten, in den Fall verwickelt zu sein.
Fall Maria Bögerl bewegt Menschen noch heute
Die Menschen in der Region bewegt der Fall noch heute. Als Vorstandschef war Bögerl in der Region sehr bekannt. Nun inspiriert der Fall eine Tatort-Folge des NDR: Im Krimi "Der Fall Holdt" wird in einer niedersächsischen Kleinstadt die Frau des Bankiers Frank Holdt entführt. Schauspielerin Maria Furtwängler jagt die Erpresser.
Die Bilanz der echten Ermittler aus Ulm: 10 360 gesicherte Spuren, 25 Terabyte zusammengetragene Daten. Profiler haben Charakterzüge analysiert. Insgesamt 7000 DNA-Spuren wurden erfasst. "Es gibt niemanden in Deutschland, der sechs Jahre lang an so einem Kapitalverbrechen gearbeitet hat", sagt Chefermittler Friedrich.
Doch das Team tappt weiter im Dunkeln. Rückschläge gab es, Kritik und falsche Zeugen. Dabei wurde allerhand versucht - sogar ein Archäologe durchkämmte das Waldstück Millimeter für Millimeter. Vergebens. "Manche von uns kennen sich auf der Ostalb besser aus als im eigenen Werkzeugkeller", sagt Friedrich.
Die Soko "Flagge" wurde inzwischen aufgelöst. Seit einem halben Jahr arbeiten nur noch Kriminalhauptkommissar Michael Bauer und ein weiterer Sachbearbeiter mit an dem Fall. Noch immer werden alte Spuren aufgearbeitet, noch immer kommen neue hinzu - dieses Jahr waren es 50. Dutzende Speicherproben wurden auch 2016 wieder genommen. "Mord verjährt nicht", sagt Bauer. Solange es Ermittlungsansätze gebe, werde der Fall nicht zu den Akten gelegt.
Die Ermittler setzen vor allem auf die Täter-DNA: Im Auto von Bögerl hatte die Polizei DNA-Spuren entdeckt, mutmaßlich von dem oder den Entführern. Tausende Männer aus Neresheim und Giengen an der Brenz beteiligten sich an einem Massentest - bislang ohne Treffer. Bauer sagt dennoch: "Wir sind guter Dinge, dass wir den Fall lösen werden."
Ein Soko-Fest wollen die Ermittler feiern, falls sie den Fall wirklich noch lösen, mit allen Beamten, die über die Jahre an den Ermittlungen beteiligt waren. Hoffen sie auf das Quäntchen Glück? Friedrich denkt kurz nach. "Es wäre nach sechs Jahren eigentlich schade, wenn wir den Fall nun mit Glück lösen würden", sagt er. "Wir hoffen auf einen Arbeitssieg - aber wenn Kommissar Zufall um die Ecke kommt, geben wir ihm die Hand." Von Nico Pointner, dpa
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