Schwere Erdbeben erschüttern Mittelitalien - ein Toter
Schon wieder bebt die Erde in Italien und schon wieder trifft es das Zentrum des Landes. Die Erde hält noch immer nicht still. Es bleiben Trümmer und Angst.
Es ist wohl zugleich eine Katastrophe und ein Wunder: Das neue schwere Erdbeben in Italien zerstört ganze Orte. Aber viele Tote sind nicht zu beklagen. Die Erde hält immer noch nicht still.
Nach der neuen Erdbebenserie stehen Tausende Menschen in Mittelitalien vor den Trümmern ihrer Existenz. Allerdings kamen sie trotz der schweren Erdstöße am Mittwochabend mit dem Leben davon. Innenminister Angelino Alfano sprach angesichts der Stärke der Beben von einem "Wunder". Hunderte Nachbeben ließen die Menschen in den Dörfern der Bergregion, die schon von dem schweren Erdbeben im August getroffen wurde, nicht zur Ruhe kommen. Bis zu 3000 Menschen sind nach Angaben des Zivilschutzes der Marken obdachlos. Ein Mann starb, allerdings an einem Herzinfarkt. Mehrere Menschen wurden verletzt. Historische Orte und mehrere Kirchen wurden zerstört. Berichte über weitere Todesopfer gab es aber zunächst nicht.
Obwohl die Erdstöße in den Regionen Marken und Umbrien ähnlich stark waren wie bei dem verheerenden Beben mit 298 Toten vor fast exakt zwei Monaten, schätzte der Zivilschutz die Folgen als weniger schwer ein. Grund dafür könnte sein, dass viele Menschen bei den Beben die Chance hatten, ins Freie zu laufen. Und viele Häuser waren wegen des Sommerbebens sowieso schon nicht mehr bewohnbar.
Der heftigste Erdstoß wurde in Visso gemessen
Mit Sonnenaufgang wurde den Einsatzkräften und Helfern am Morgen nach den schweren Erdbeben in Mittelitalien ein erster Überblick über die Lage möglich. "Meine Fachleute haben mir gesagt, dass das historische Zentrum (...) komplett unzugänglich sein könnte", zitierte die Nachrichtenagentur Ansa den Bürgermeister der Gemeinde Visso, Giuliano Pazzaglini, am Donnerstagmorgen. In Visso wurde der heftigste Erdstoß gemessen. Die Stärke variierte nach Angaben unterschiedlicher Erdbebenwarten zwischen 5,9 und 6,1 auf der Richter-Skala. Auch in Rom waren die Beben zu spüren, es wurden auch Schäden gemeldet.
"Es ist eine Katastrophe, 80 Prozent der Wohnungen sind wohl unbewohnbar. Und mit den neuen Beben geben die Leute auf", sagte der Bürgermeister des Dorfes Ussita, Marco Rinaldi. Im nicht weit entfernten Ort Castelsantangelo sul Nera ist laut Bürgermeister der gesamte historische Ortskern beschädigt. "Das Zentrum ist Sperrgebiet", sagte Mauro Falcucci. 90 Prozent der Häuser hätten Schäden.
Die Regierung in Rom versprach 40 Millionen Euro Soforthilfe. Ministerpräsident Matteo Renzi besuchte am Nachmittag das Erdbebengebiet. Eigentlich geplante Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem wichtigen Referendum über die Verfassungsreform im Dezember sagte er ab, wie die Nachrichtenagentur Ansa schrieb. "Ganz Italien umarmt die abermals hart getroffenen Bürger", erklärte der Regierungschef auf Twitter. Papst Franziskus sprach den Menschen im Gebet seine Nähe aus.
Erdbeben in Italien: Menschen sollen nicht in Zelten untergebracht werden
In der Erdbebenregion verbrachten viele Menschen nach Medienberichten die Nacht im Auto oder in Notunterkünften. Aus Sicherheitsgründen sollten am Donnerstag die Schulen in mehreren betroffenen Gemeinden geschlossen bleiben.
Die Menschen sollten jedoch nicht in Zelten untergebracht werden, sondern in Hotels und anderen Unterkünften, sagte Zivilschutzchef Fabrizio Curcio. "Wir versuchen, die beste Lösung zu finden, um den Menschen zu helfen, die angesichts des Klimas und der Jahreszeit nicht in Zeltstädten unterkommen können", sagte er. Deshalb überlege man, die Obdachlosen in Richtung Küste zu bringen. Die erdbebengefährdete Region liegt in dem Gebiet rund um den bergigen Nationalpark Monti Sibillini. Dort wird es im Winter bitterkalt. Die Adriaküste ist etwa eine Stunde Autofahrt entfernt, die Hauptstadt Rom liegt Luftlinie etwa 120 Kilometer südwestlich.
Der nach dem August-Beben ernannte Kommissar für den Wiederaufbau, Vasco Errani, versprach schnelle Hilfe. "Ich bestätige das Engagement der Regierung: Wir bauen alles wieder auf."
+++ So wird die Stärke von Erdbeben gemessen +++
In der Nacht kam es zu etlichen Nachbeben, darunter auch mehrere einer Stärke von mehr als 4, teilte die italienische Erdbebenwarte INGV mit. "Mit weiterer Nachbeben-Aktivität ist zu rechnen", sagte Torsten Dahm, Seismologe am Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam. "Diese Aktivität kann sich über viele Monate hinziehen."
Die beiden Erdstöße der Stärke 5,5 und um die 6 ereigneten sich ganz in der Nähe jener Region, die erst Ende August heftig getroffen worden war. Damals kamen die meisten Menschen in der Stadt Amatrice ums Leben. Der dortige Bürgermeister Sergio Pirozzi sagte, auch in seinem Ort sei es erneut zu Schäden gekommen.
Im August starben 298 Menschen
Zwei Monate nach der Erdbeben-Katastrophe in Mittelitalien wurde die Region erneut von mehreren schweren Erdstößen erschüttert. Innerhalb von gut zweieinhalb Stunden bebte die Erde am Mittwochabend in der gleichen Region, die bereits Ende August von einem verheerenden Beben heimgesucht worden war.
Bei dem Beben im August, das sich in der gleichen Region ereignet hatte, waren 298 Menschen ums Leben gekommen, die meisten davon in der Ortschaft Amatrice. Das Land wird häufig von Erdstößen heimgesucht, die immer wieder verheerende Folgen haben. dpa
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