"Sein letztes Rennen": Dieter Hallervorden gibt mit 78 den Marathon-Mann
Didi Hallervorden weckt in seinem neuen Kinofilm "Sein letztes Rennen" in einem Altenheim nochmals seinen sportlichen Ehrgeiz. Ein flotter Film mit einer Schwäche.
Paul und Margot Averhoff (Dieter Hallervorden, Tatja Seibt) sind schon lange ein Paar, als ihre Schwindelanfälle beide in ein Altersheim bringen, das sich als reale Horrorvorstellung erweist. Scheinbar stumpfsinnige und unkontrollierte Mitbewohner wurden hier „abgestellt“. Am schlimmsten ist für Paul Averhoff allerdings die verordnete hirnlose Routine, die Kindergarten-Mentalität in diesem „Totenheim“. Beim Singen und beim Basteln von Kastanienmännchen hat nur der Blockwart der Gruppe Spaß.
Dieter Hallervorden: Runde um Runde um das Seniorenheim
Aber Paul ist nicht irgendwer, er gewann 1956 in Sydney trotz eines scheinbar uneinholbaren Rückstandes die Goldmedaille im Marathon. Und in dieser ausweglosen Situation, an diesem Ort des Lebensendes fängt er noch mal von vorne an. Er läuft nicht weg, er bleibt und beginnt wieder zu laufen. Rennt Runde um Runde um das Seniorenheim. Ignoriert Blutblasen und Kreislaufzusammenbrüche. Findet Hoffnung im neuen Ziel. Dabei will er nicht nur den Berlin-Marathon schaffen, er will ihn gar gewinnen.
„Sein letztes Rennen“, Hallervordens aktueller Film, macht Spaß, ist aber kein Schenkelklopfer wie seine populärsten Kinohits. Wie vieles andere gelangen Regisseur Kilian Riedhof („Tatort“, „Bloch“) witzige Szenen, wenn er als Erscheinung vor dem Fenster vorbeirennt. Alte Turnschuhe mit nur zwei Streifen, Franzbranntwein für die Beine statt stilloser Kompressionskniestrümpfe, eine mechanische Stoppuhr von Hanhart statt iPod: Paul Averhoff kommt altmodisch daher.
Didi Hallervorden ist ein echter Marathon-Mann
Der Film erzählt flott und routiniert – auch die berührende Geschichte einer liebevollen Ehe, die jetzt wieder eine Trainingsgemeinschaft wird: Ihre Warnung „Aber das wird fürchterlich!“ beantwortet er selig mit „So war es immer!“ Mit seinem Laufen belebt Paul bald das ganze Altersheim, was der Leiterin nicht geheuer ist. Ein Duell beginnt: Sie will ihn mit ihrer Küchenpsychologie einfangen, er steckt sie mit guter Laune und Sportlerweisheiten („Das ganze Leben ist ein Marathon“) in die Tasche. Als die Heimleiterin Rita (klasse: Katrin Sass) ihm das Laufen im Anstaltspark verbieten will, sagt er: „Du kannst dem Fisch doch nicht das Schwimmen verbieten.“
"Sein letztes Rennen": Passende Besetzung
Paul ist ein Optimist, ein Kämpfer. Und wenn seine Frau sagt, sie hätten Schlimmeres erlebt, den Krieg und die Hungerwinter, dann glaubt man ihnen das. „Sein letztes Rennen“ bringt eine sehr passende Besetzung an den Start, bis hin zum Pfleger Tobias (Frederick Lau). Heike Makatsch gibt die besorgte Tochter, die als Stewardess ohne Freund nicht viel Zeit für ihre Eltern hat. Hallervorden, der sich zuletzt („Das Kind“) auch mal als dämonischer Päderast zeigte, spielt jetzt wieder eine „Paraderolle“ als sympathischer Sonderling. Seine bekannte Stimme, das offene Gesicht, diesmal mit wehmütigem Blick, bleiben im leisen Spaß und im nicht aufdringlichen Ernst überzeugend.
"Sein letztes Rennen" liefert slapstickhafte Laufszenen
Anleihen von „Einer flog übers Kuckucksnest“ und der Altersheim-Episode in „Cloud Atlas“ sind unübersehbar. Nur dass gerade die Laufszenen auf eine nahezu slapstickhafte Weise unrealistisch inszeniert wurden, ist schade. Trotzdem überzeugt „Sein letztes Rennen“ als nachdenklicher Wohlfühlfilm für mehrere Generationen.
Filmstart in Aichach, Augsburg, Donauwörth, Ingolstadt, Kaufbeuren, Neu-Ulm, Ulm
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