Staatsanwalt genervt: "Es geht immer nur um Herrn Pistorius"
Staatsanwalt Gerrie Nel gibt nicht auf. Er versucht Pistorius mit bohrenden Fragen aus der Reserve zu locken und wirft ihm einiges vor.
Der behinderte Profisportler Oscar Pistorius ist wegen Mordes angeklagt: In der Nacht zum 14. Februar 2013 hat er in seinem Haus durch die verschlossene Toilettentür seine Freundin Reeva Steenkamp erschossen. Er beteuert weiterhin, dort einen Einbrecher vermutet zu haben.
Staatsanwalt Gerrie Nel beschuldigte den Paralympics-Star in Pretoria der Lüge: Seine Schilderungen der Tatnacht seien unwahr ebenso wie die über seinen Umgang mit Waffen. Der spektakuläre Prozess, den mehrere Fernsehsender live übertragen, wird kaum vor Mitte Mai enden. Pistorius droht bei einer Verurteilung eine lebenslange Haftstrafe.
Gerrie Nel zeigt sich unerbittlich
Nel hatte Pistorius bereits am Mittwoch in die Mangel genommen und dabei auch ein Foto des blutüberströmten Kopfes seiner toten Freundin gezeigt. Der Angeklagte brach dabei in Tränen aus und beteuerte, er habe seine Freundin nicht töten wollen.
Pistorius' Entschuldigungen gegenüber der Familie des Opfers kritisierte Nel als "öffentliches Spektakel". Der Angeklagte erklärte schluchzend, er habe erst im Gericht die Eltern der getöteten Reeva Steenkamp um Verzeihung gebeten, weil er zuvor einen direkten Kontakt als "unangemessen" empfunden habe.
Außerdem wirft der Staatsanwalt dem ehemaligen Paralympics-Star am 20. Verhandlungstag vor, er sei einer Begegnung mit den Eltern des Opfers ausgewichen, weil er "keine Verantwortung übernehmen" wolle. Er sei selbstverliebt. Der 27-Jährige denke immer nur an sich, sagte Staatsanwalt Gerrie Nel bei der Fortsetzung des Kreuzverhörs am Donnerstag. "Es geht immer nur um Herrn Pistorius". Pistorius jedoch widersprach: Er wolle gerne "eines Tages die Steenkamps treffen".
Steenkamp beklagte sich per SMS bei Pistorius
Nel las Kurznachrichten des späteren Opfers Reeva Steenkamps an ihren damaligen Freund vor, in denen sie sich enttäuscht und "verängstigt" über Pistorius' Verhalten äußerte. Zudem beklagte sie sich über die Eifersucht ihres Partners.
Zum Zeitpunkt des tödlichen Vorfalls kannte sich das Paar seit gut drei Monaten. In den SMS sei von Liebe nie die Rede gewesen, merkte der Staatsanwalt an. "Ich hatte nie die Gelegenheit, Reeva zu sagen, dass ich sie liebe", räumte Pistorius ein.
Mit bohrenden Fragen nach Spannungen und Streit zwischen Pistorius und seiner Freundin versuchte der Staatsanwalt immer wieder zu beweisen, dass es keine harmonische Liebesbeziehung gewesen sei. Pistorius habe Steenkamp Vorschriften selbst zum Kaugummikauen, ihrem Auftreten oder Umgang mit anderen Männern machen wollen.
Pistorius soll die Tatnacht immer und immer wieder schildern
Der Staatsanwalt ließ Pistorius zum wiederholten Mal Einzelheiten der Tatnacht und des Tatorts beschreiben.
Pistorius blieb - deutlich beherrschter als an den Vortagen - bei seiner Darstellung, er habe Steenkamp im Bett vermutet und sei wegen verdächtiger Geräusche von einem Eindringling im Badezimmer ausgegangen. Er habe weder "aus Versehen" noch "aus Absicht" geschossen - Formulierungen, die der Staatsanwalt ihm entlocken wollte. Er habe einfach abgedrückt, sagte Pistorius.
Es sei "ein Unfall" gewesen: "Erinnere ich mich daran, die vier Schüsse auf die Tür geschossen haben? Nein. Ich erinnere mich, den Abzug gezogen zu haben und dann Löcher in der Tür waren." (AZ/dpa)
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