Warum holländische "Taliban-Kämpfer" durch Bayern und Hessen rannten
Bewaffnete Soldaten mit Turbanen haben an der bayerisch-hessischen Grenze für Aufregung gesorgt. Die Aktion des niederländischen Militärs sorgt weiter für Ärger.
Bewaffnete Soldaten mit Turbanen und in langen Gewändern rennen durch das Gebüsch und verfolgen einige Männer. Es fallen Schüsse. Das ereignete sich nicht etwa in Afghanistan, sondern vor einigen Tagen an der bayerisch-hessischen Grenze. Besorgte Spaziergänger im Main-Kinzig-Kreis informierten die Polizei und die örtlichen Behörden. Doch diese wissen zunächst von nichts.
Es stellt sich heraus, dass es eine Übung niederländischer NATO-Soldaten war, die eigentlich nur in Bayern stattfinden sollte. "Man kann davon ausgehen, dass die Holländer die Orientierung verloren haben und aus Versehen über die Grenze gelaufen sind", sagt Andrea Sandow vom Landratsamt des Main-Kinzig-Kreises.
Landrat ist erbost über Informationspanne
Die später bekannt gewordene Panne sorgt weiter für Ärger. Landrat Erich Pipa ist dennoch erbost: "Ich dulde keine Geheimübungen ausländischer Soldaten in meinem Kreis. Ich möchte auch über anstehende Übungen im Allgemeinen Bescheid wissen." Er sei erst durch den Bericht eines lokalen Radiosenders darüber informiert worden. In einem Brief an Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen fordert er eine Erklärung.
Das Landeskommando Bayern der Bundeswehr in München kann die Aufregung nicht ganz nachvollziehen. Für die Bevölkerung habe keinerlei Gefahr bestanden, sagt Oberstleutnant Carsten Spiering, Leiter der Informationsarbeit der Bundeswehr in Bayern. Bei der Munition habe es sich nicht um scharfe Munition gehandelt.
Spiering führt weiter aus: "Wir wussten von der Übung und haben es wie üblich an die Polizei weitergeben. Es ist alles sauber gelaufen." Er vermutet, dass das Manöver wegen der momentanen Situation mit dem Flüchtlingsansturm untergegangen sei. Das Landeskommando in Wiesbaden räumt eine Kommunikationspanne ein. Hessen sei auf das Manöver nicht aufmerksam gemacht worden.
Landrat Pipa ärgert sich zudem, dass sich einige Soldaten mit Turbanen und Kaftanen verkleidet hatten: "Wie kann man so etwas im Jahre 2015 veranstalten ohne zu glauben, Beobachter könnten sich dadurch in irgendeiner Weise beunruhigt fühlen?“
Spiering erklärt, dass es ein ganz normales Übungsszenario für einen Auslandseinsatz in Afghanistan war. "Wir versuchen unsere Übungen möglichst authentisch und realistisch zu machen." Es würden auch immer wieder Verwundetentransporte mit schreienden und blutenden Kameraden geübt.
Ausbildungszentrum der Vereinten Nationen in Hammelburg
Die niederländischen Soldaten kamen aus einer Kaserne im etwa 60 Kilometer entfernten Hammelburg. Dort befindet sich ein Ausbildungszentrum der Vereinten Nationen, in dem deutsche und ausländische Soldaten auf ihre Auslandseinsätze vorbereitet werden. Dort befinden sich ein Truppenübungsplatz und ein verlassenes Dorf, in dem Häuserkämpfe nachgestellt werden können.
Es sei jedoch nicht ungewöhnlich, dass Übungen auch außerhalb des Geländes stattfinden, sagt ein Sprecher des Bundesverteidungsministeriums. Das niederländische Verteidigungsministerium teilte mit, dass ihre Marineeinheiten bereits im fünften Jahr in Folge Ihre Übungen dort abhielten.
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