Wegen Wasserwerfer-Einsatz angeklagte Polizisten weisen Vorwürfe zurück
Bei einer Demonstration gegen Stuttgart 21 wurden 2010 mehrere Menschen von Wasserwerfen verletzt. Zwei beteiligte Beamte haben vor Gericht Vorwürfe zurückgewiesen.
Die beiden Polizisten stehen seit Dienstag vor Gericht. Sie wiesen den Vorwurf der Körperverletzung im Amt zu Beginn vor dem Landgericht Stuttgart zurück. In einer Erklärung, die ihre Verteidiger verlasen, bedauerten sie zugleich die Verletzungen.
Am 30. September 2010 war die Polizei unter anderem mit Wasserwerfern gegen Stuttgart-21-Gegner vorgegangen, um ein Areal im Schlossgarten nahe dem Hauptbahnhof für Arbeiten an dem Projekt zu räumen und abzusperren. Dabei wurden mehrere Menschen zum Teil schwer verletzt. Die Bilder der eingesetzten Wasserwerfer und der schwer verletzten Demonstranten gingen um die Welt.
Stuttgart 21-Gegner erlitten schwere Augenverletzungen
Den beiden Polizisten (41 und 48 Jahre) wird vorgeworfen, als Einsatzabschnittsleiter ihre Sorgfaltspflicht verletzt zu haben. Laut Anklage ließe die Führungsspitze der Polizei zwar grundsätzlich den Einsatz von Wasserwerfern zu, allerdings sollte es bei Wasserregen bleiben. Durch Wasserstöße erlitten aber mehrere Menschen unter anderem schwere Augenverletzungen.
Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft sollen die Angeklagten die Beschränkung auf Wasserregen nicht weitergegeben haben. Außerdem sollen sie nicht dafür gesorgt haben, dass Wasserstöße nur außerhalb der Kopfhöhe von Demonstranten abgegeben wurden.
Die Verteidiger der beiden Beamten wiesen die Anklagevorwürfe in einer gemeinsamen Erklärung zurück. Ihre Mandanten hätten "ihre dienstlichen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt und zu keinem Zeitpunkt des Einsatzes eine vorschriftswidrige Vorgehensweise der Wasserwerfer wahrgenommen", erklärten die Anwälte. Während der Räumung des Schlossgartens seien ihnen keine Verletzungen bekannt geworden.
Einsatz bei Stuttgart 21-Demonstration wurde wie geplant durchgeführt
Zudem verwies die Verteidigung auf die Gesamtverantwortung des Polizeipräsidiums Stuttgart. Der Einsatz bei der Demonstration von Stuttgart 21-Gegnern sei "geplant, vorbereitet und geführt" worden. Zugleich erklärten die Anwälte, dass das Gerichtsverfahren aus ihrer Sicht nicht der Ort sei, "den Polizeieinsatz in allen seinen Facetten aufzuarbeiten".
Fünf bei dem Einsatz verletzte Demonstranten treten in dem Prozess als Nebenkläger auf. Einer von ihnen ist der Rentner Dietrich Wagner, der nahezu komplett erblindet ist. Ein Foto, das ihn mit blutenden Augen zeigt, wurde zum traurigen Symbol des Einsatzes. Mehrere Nebenkläger werteten die Aussagen der Beamten als unglaubwürdig.
Vor dem Landgericht wird nun ein langwieriges Verfahren erwartet. Bereits jetzt sind Termine bis kurz vor Weihnachten festgelegt. Es wird auch spekuliert, dass der frühere baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) als Zeuge aussagen muss.
Im Jahr 2010 war es in Stuttgart immer wieder zu Massenprotesten gegen den geplanten Tiefbahnhof gekommen. Mittlerweile sind die Proteste gegen Stuttgart 21 deutlich abgeflaut.
Die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), die nach der Landtagswahl im März 2011 das vorherige schwarz-gelbe Regierungsbündnis unter Mappus abgelöst hatte, brachte eine Volksabstimmung über das Bahnprojekt auf den Weg. Dabei sprach sich im November 2011 eine deutliche Mehrheit der Wähler für Stuttgart 21 aus. afp/AZ
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