„Wetten, dass..?“ aus Bremen: Die Zeit der Pubertät ist vorbei
In Bremen wollte Markus Lanz das Debakel von Mallorca wiedergutmachen. Herausgekommen ist eine typische Wett-Sendung in altbewährter Tradition und ohne Peinlichkeiten – immerhin.
„Das tut gut“, Markus Lanz genoss den Begrüßungsapplaus des Bremer Publikums sichtlich. Nach der letzten „Wetten, dass..?“-Ausgabe in der Stierkampfarena von Palma de Mallorca hatte der 44-Jährige vernichtende Kritik geerntet. Gäste zum Fremdschämen wie die prolligen Geissens und Eiswürfel im Schritt von Hollywood-Star Gerard Butler – das hatte viele Zuschauer zum Abschalten animiert. Nur 6,74 Millionen blieben damals übrig – ein Rekordtief. In Bremen sollte diese Schmach vergessen gemacht werden.
Neue Staffel von „Wetten, dass..?“ mit weniger Klamauk
Ungewohnt selbstkritisch zeigte sich Markus Lanz gleich zu Beginn: „Zugegeben, wir hatten eine verspätete zweite Pubertät.“ Im Klartext bedeutet das: Fast alle Neuerungen, die das ZDF vor einem Jahr noch eingeführt hatte, um den Showdino moderner und sportlicher zu machen, wurden nun wieder zurückgenommen: In Zukunft also keine peinlichen Gäste aus dem Trash-TV und auch keine klamaukigen Einlagen mehr.
Auf der Showcouch sorgten der etwas müde wirkende Harrison Ford, der noch immer vor Kraft strotzende Sylvester Stallone und die unterhaltsam schlagfertige Cher für mehr internationales Flair. Die Top-Stars durften über Flugzeuge, Boxen und das Älterwerden plaudern und wie gewohnt nebenbei den neuen Kinofilm, die neue CD oder das neue Broadway-Musical promoten.
Promis kommen wieder einzeln auf die Wett-Couch
Ebenfalls Platz auf dem Sofa nahmen die Schauspieler Ruth Maria Kubitschek, Matthias Schweighöfer und Anja Kling sowie Schlagerstar Helene Fischer – und zwar einzeln nacheinander. Eine gute Entscheidung, denn so konnte sich der Showmaster wieder jedem Gast einzeln widmen und im Gespräch mehr auf ihn eingehen, selbst wenn das zeitweise in altbewährter Gottschalk-Tradition in seichtes Geplauder und übertriebenes Bauchpinseln mündete. Eine gewisse Dankbarkeit werden wohl auch die Hollywood-Granden verspürt haben, denn sie mussten sich anders als in den vorherigen Lanz-Sendungen nicht von Anfang an mit der versammelten Promi-Riege auf der Couch tummeln. Das ZDF kehrt hier ebenso wieder zu alten Gepflogenheiten der Gottschalk-Zeiten zurück, als die Top-Gäste nach Gutdünken kommen und gehen durften. Dass Oscar-Gewinner Tom Hanks nach seinem Besuch im vergangenen Jahr über das ZDF-Flaggschiff hergezogen war, scheint den Verantwortlichen eine Lehre gewesen zu sein.
Gegen die „RTL-isierung“: Cindy aus Marzahn geht
Abhanden gekommen ist Lanz seine Assistentin Cindy aus Marzahn. Sie hatte beim Fernsehpublikum ebenfalls polarisierende Reaktionen ausgelöst, manche Medien hatten die Komikerin als Anzeichen einer „RTL-isierung“ des ZDF-Klassikers gedeutet. Ausgedient hat auch die Lanz-Challenge, bei der ein Zuschauer aus dem Saal gegen den Gastgeber antrat. Auch damit hatte sich das „Wetten, dass..?“-Team bislang keine Freunde gemacht; zuletzt waren Lanz und seine Gegnerin auf Mallorca sogar vom Publikum ausgebuht worden.
Der Moderator schlug sich beim Auftakt zu seiner zweiten „Wetten, dass..?“-Saison übrigens passabel. Lockerer und nicht mehr so krampfhaft wie zu Beginn führte er durch die Sendung. Flapsige Kommentare zum Besten geben wird aber wohl nicht mehr seine Stärke, noch immer klingen die meisten Witze einstudiert. Eines muss man dem 44-Jährigen aber hoch anrechnen: Der Showmaster ist sich für keinen Spaß zu schade. So versuchte er zum Beispiel den Gang über die Labello-Stifte, wie ihn eine junge Wettkandidatin präsentierte, verlor dabei das Gleichgewicht und purzelte zur allgemeinen Belustigung in die Arme von Harrison Ford. Und hätte Lanz die Stadtwette verloren, hätte er zweifellos in allerbester Rocky-Manier auch fünf rohe Eier getrunken.
Wettkönige öffnen Bierflaschen mit Straßenwalze
Einzig bei den Wetten blieb alles beim Alten: Eine Mischung aus sportlichen, Konzentrations- und Präzisionsleistungen war gefragt. Bei der Wahl zum Wettkönig setzten sich Reinhard Mill und seine Tochter Annalena, die mit einer Straßenwalze Bierflaschen öffneten, gegen ein Triathlon-Quintett aus Südtirol durch, das schwimmend ein vollbesetztes Schiff samt Musikkapelle über den Kalterer See zog.
Insgesamt war die Sendung aus Bremen ein Fortschritt im Vergleich zu dem Debakel von Palma. Mit der Rückkehr zu den Wurzeln schaffte Markus Lanz solide Samstagabendunterhaltung. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
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