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Kunst
16.09.2010

Wie ich ein gefälschtes Bild kaufte

?Die Frau mit dem Brief?: Sieht aus wie ein typischer Liebermann, glaubte unser Autor. Ist aber keiner. Diese Ölskizze, hier ein Ausschnitt, ist eine dreiste Fälschung. (Foto: Fred Schöllhorn)
Foto: Fred Schöllhorn

Eines Tages passierte es: Ich kaufte ein gefälschtes Bild. Schuld waren eine Witwe, ein Dachboden, ein Gaunerpärchen und Selbstüberschätzung. Das Protokoll einer Dummheit. Von Markus Günther

Diese Geschichte ist so peinlich, dass man eigentlich meinen Namen abkürzen müsste und nicht den von Thomas S. Denn am Ende dieser Geschichte werde ich als Depp dastehen, weil ich ein gefälschtes Bild gekauft habe; Thomas S. dagegen kann auf Sympathie und Bewunderung zählen, denn einen Kunstfälscher umgibt immer eine Aura von Raffinesse und Könnerschaft.

Der erste Absatz zeigt schon, dass ich vor lauter Selbstmitleid bis heute nicht klar denken kann, wenn ich von dieser Geschichte rede. Wie schon beim Kauf des Bildes haben mir Gefühle den Verstand vernebelt. Damals ein Schuss Habgier und viel Eitelkeit; heute das Gefühl, dass ich gutmütiges Schaf aber auch wirklich übel aufs Kreuz gelegt worden bin.

Es begann damit, dass ich im Internet auf ein Angebot für eine kleine Ölskizze von Max Liebermann stieß. Ich nahm Kontakt mit der Anbieterin auf. Sie hieß Irmgard S. Ihr Vorname klang sehr vertrauenerweckend. Die Fotos der Ölskizze waren überzeugend: ein typischer Liebermann. "Woher willst du denn wissen, dass das Bild echt ist?", fragte mich meine Frau. Ich sagte trocken: "Das sieht man doch." Meine Selbstüberschätzung war maßlos. Zu meiner Verteidigung kann ich nur sagen, dass ich das Bild so einfach natürlich nicht gekauft hätte. Ich habe erst einmal nachgeforscht. Ich besorgte mir Fotos der Signaturen Liebermanns aus verschiedenen Werkphasen (ja, so etwas kann man kaufen!), ich verglich die Signatur und das Bild mit anderen Liebermann-Bildern, ich begutachtete den Aufkleber auf der Rückseite (ganz typisch für deutsche Sammler: Versalien und Sperrschrift auf mechanischer Schreibmaschine!), vor allem aber: Ich fragte nach der Herkunft des Bildes, also nach dem, was Kenner wie unsereiner die Provenienz nennen.

Irmgard S. erklärte mir, dass sie das Bild auf einem Dachboden in einem norddeutschen Dorf gefunden habe. Das Haus hätten ihr Mann und sie erst im Vorjahr gekauft; es habe einer mit 98 Jahren verstorbenen Frau gehört, und nach dem Einziehen habe man dann auf dem Dachboden ganz unerwartet einige alte Bilder gefunden. Konnte man das glauben?

Ich recherchierte weiter. Ein Mann aus dem Dorf, den ich ausfindig machte, bestätigte den Kern der Geschichte: Da habe jahrzehntelang eine alte Witwe gewohnt, in einem schönen großbürgerlichen Haus übrigens, das dann im Vorjahr verkauft worden sei. Damit waren meine letzten Zweifel ausgeräumt, auch wenn der Mann irritierenderweise sagte, dass ein sehr junges Pärchen - Mitte 20 - das Haus gekauft habe und die beiden im Dorf einen sehr komischen Eindruck hinterlassen hätten: schnelle Autos, schrille Klamotten, der Mann mit Gel im Haar.

Irmgard S. eine junge Frau? Egal, dachte ich, die alten Namen sind halt wieder im Kommen. Und dass die jungen Leute bei der vermuckten Dorfbevölkerung nicht gut angekommen sind, lag sicher am Dorf und nicht an denen. Kurzum: Ich war längst so euphorisch, dass ich mir das Bild nicht mehr ausreden lassen wollte.

Also kaufte ich - ohne dass ich das Bild im Original gesehen oder die Verkäufer persönlich kennengelernt hätte. Ich überwies (ich seufze beim Schreiben dieser Zeilen) - sagen wir einfach: viel zu viel. Doch am Marktwert von Liebermann gemessen, war es immer noch ein Schnäppchen. Ein paar Tage später erhielt ich das Päckchen mit dem Bild.

Unvergessen der Abend, als ich es feierlich auspackte: Ja, die Fotos hatten nicht getäuscht! Ein schönes Bild: Eine großstädtisch gekleidete Frau, vielleicht im Berlin der Jahrhundertwende, die im Gehen einen Brief liest. Die Farbanordnung tektonisch, die Lichtführung impressionistisch verspielt, der Gesichtsausdruck zwischen Besorgnis und Hoffnung, und das mit einfachsten Pinselstrichen, wie es nur ein Meister kann.

Ich hängte das Bild an die Wand, nahm ein Glas Portwein (was ich sonst nie tue), setzte mich aufs Sofa und dachte: Mein Liebermann! Ich war stolz und glücklich. Ein paar Tage später nahm ich Kontakt mit dem führenden Liebermann-Experten Matthias Eberle auf. Nachdem er auf Brief und E-Mails nicht geantwortet hatte, machte ich seine Privatnummer ausfindig und rief ihn an. Ich wollte ihm die freudige Nachricht überbringen, dass das Werkverzeichnis um ein bislang unbekanntes Bild erweitert werden muss: "Die Frau mit dem Brief".

Leider kam ich nicht dazu. Er ließ mich gar nicht ausreden, sondern sagte sofort: "Nein, das ist kein Liebermann." Langsam, dachte ich, er hat das Bild ja noch gar nicht gesehen. Ich sagte "Witwe … 98 Jahre … Dachbodenfund … großbürgerliches Haus …" Eberle schrie ins Telefon: "Nein, nein. Den Quatsch habe ich schon tausendmal gehört." Ich sagte: "Aber …" Eberle sagte: "Kein Aber!" Ich sagte kleinlaut: "Wollen Sie nicht einmal wissen, was auf dem Bild zu sehen ist?" "Also bitte …", stöhnte er. "Eine Frau mit einem Brief!" Eberle sagte: "So was hätte Liebermann nie gemalt." Jetzt wurde ich ärgerlich: "Woher wollen Sie das denn wissen?", sagte ich. Mit dem gelassenen Hochmut eines Kunstexperten sagte Eberle: "Kein lebender Mensch kennt das Werk Liebermanns so gut wie ich." Er ließ sich mit Mühe überreden, ein Foto des Bildes anzusehen. Doch das änderte nichts mehr: "Eine Fälschung, übrigens eine besonders plumpe. Die Signatur ist nie und nimmer von Liebermann."

Am Tag darauf begann die Gegenoffensive - zur Wiederherstellung meiner Ehre und zum Wiedererlangen meines Geldes. Beides waren naive Wünsche.

Irmgard S., fand ich nun heraus, hieß eigentlich Isabell S. Sie hatte richtig erkannt, dass Irmgard bodenständiger klingt. Sie war schon einmal auffällig geworden, als sie im Internet eine selbst gerührte Anti-Falten-Creme als angeblich amerikanische Edelkosmetik für 250 Euro pro Döschen verkauft hatte. Ihr Freund Thomas S. war ein in der Szene längst bekannter Gauner und Kunstfälscher, der schon viele geleimt hatte. Trotz Dutzender Anzeigen war er noch nie verurteilt worden, aber Berlin war ihm zuletzt doch zu heiß geworden, sodass er sich ein Haus auf dem Land gekauft hatte.

Es war gar nicht schwer, über ihn und seine Freundin mehr herauszufinden. Man hätte auch vor dem Kauf erfahren können, dass Thomas S. schon einmal eine zeitgenössische Künstlerin frei erfunden und unter ihrem Namen seine eigenen Bilder verkauft hatte. Man hätte erfahren können, dass er zum Schein ein "Auktionshaus" gegründet hatte, nur um die Auktionsergebnisse und die Provenienz zu haben, die auf dem Kunstmarkt über die Preise bestimmen. Und man hätte herausfinden können, dass Thomas S. in Zeitungen und im Internet für Entrümplungen wirbt, bei denen er selbst den alten Plunder abholt und den Bildern, je nach Stilrichtung, eine neue Signatur verpasst. So wurde aus meinem ein Liebermann.

Das Ganze war eine schlimme Demütigung. Meinen Freunden, denen ich schon stolz das Bild gezeigt hatte, musste ich nun beichten, dass es eine Fälschung war. Meine Frau sagte: "Du bist aber auch zu blöd!" "Keine Sorge", sagte ich, "das Geld bekommen wir wieder."

Im Zivilprozess machte der Richter kurzen Prozess: Geld zurück! Doch natürlich war der Titel nie vollstreckbar. Irmgard alias Isabell S. hatte das Geld schon ausgegeben: für eine Brustvergrößerung, 350 Milliliter pro Seite. Deshalb ziehen mich meine Freunde gern mit Bemerkungen hoch wie "Unpfändbar!" oder: "Wenigstens floss dein Geld in einen guten Zweck."

Woher man das überhaupt alles weiß? Es gibt ein ganzes Netzwerk von Geschädigten, die auf das Gaunerpärchen hereingefallen sind. Das spendet Trost und trägt die Informationen zusammen. Man hält sich auf dem Laufenden, wie es vorangeht in den zahlreichen Prozessen. Aber davon abgesehen bringt es nichts.

Ausgerechnet letzte Woche, als die Campendonk- und Pechstein-Fälschungen aus der "Sammlung Willi Jägers" ans Licht kamen, erhielt ich ein Päckchen von der Staatsanwaltschaft in Bückeburg. Die Anklage gegen Thomas S. lässt weiter auf sich warten, mein Bild wird nicht mehr gebraucht. Es hängt jetzt wieder bei uns und erinnert mich an meine Dummheit. Niemand, auch ich nicht, hat ein Interesse, das Bild zu vernichten.

Auch das ist ein Grund, warum Fälschungen auf dem Kunstmarkt so häufig sind: Sie existieren immer weiter und kommen irgendwann von Neuem auf den Markt.

Sollten meine Enkel also eines Tages einen echten Liebermann aus der "Sammlung Günther" verkaufen wollen, rate ich zur Vorsicht.

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