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Augsburg
09.05.2013

Verkaufte Liebe

Nein, Liebe wird hinter diesen Fenstern nicht angeboten. Es geht um schnellen Sex gegen Geld. Viele Frauen verkaufen ihren Körper nicht freiwillig.
Foto: Arne Dedert, dpa

Jahr für Jahr kommen Tausende junge Frauen nach Deutschland und werden dazu gezwungen, ihren Körper zu verkaufen. So auch Tatjana. Der Staat tut noch immer zu wenig dagegen.

Tatjana ist eine hübsche Frau: zierliche Figur, schulterlange blonde Haare, blaue Augen. Am liebsten trägt sie hohe Schuhe, sie wäre gerne etwas größer. Meist gibt sich die junge Frau fröhlich und unbeschwert. Doch das täuscht: Tatjana ist 18, als sie von einem rumänischen Polizisten nach Deutschland verkauft wird – als Prostituierte. Heute, zwei Jahre später, quälen sie die Erlebnisse noch immer.

Viele Prostituierte sprechen schlecht Deutsch und wollen, wie Tatjana auch, lieber nicht mit Journalisten reden. Die Sozialpädagogin Soni Unterreithmeier erzählt Tatjanas Geschichte. Sie hat vor zehn Jahren die Beratungsstelle Solwodi (Solidarity with Women in Distress) Augsburg gegründet und weiß: „Eine direkte Konfrontation wühlt die Frauen zu sehr auf, sie können nächtelang nicht mehr schlafen, erleben schlimme Angstzustände.“ Die Sozialpädagogin hat Notizen aus dem jüngsten Gespräch mit Tatjana mitgebracht, die nur erahnen lassen, was die junge Frau erlebt hat. Sie zitiert: „Du musst immer arbeiten, egal ob müde, Schmerzen, krank. Keine macht das freiwillig.“

Die junge Rumänin Tatjana muss ihren Körper verkaufen

Tatjanas Geschichte ist die eines Mädchens, das glaubte, in Deutschland warte ein besseres Leben. Es ist gleichzeitig die Geschichte Tausender Frauen, die wie Ware gehandelt und missbraucht werden. Mädchen wie Tatjana, die aus Rumänien, Bulgarien oder Nigeria nach Deutschland gelockt werden mit dem Versprechen, sie könnten dort als Kosmetikerin, Putzfrau oder Kindermädchen arbeiten. Stattdessen verkaufen sie ihren Körper. Sie werden dazu gezwungen.

Die Zahl der Frauen, die das Angebot von Solwodi in Anspruch nehmen, ist in den vergangenen Jahren bundesweit von 1450 auf 1800 gestiegen. Insgesamt 14 Anlaufstellen für Frauen in Not gibt es von Augsburg bis Berlin. Der Großteil der Hilfesuchenden kommt – wie Tatjana – aus Südosteuropa, gefolgt von Afrika sowie Süd- und Westeuropa. Häufigster Grund für eine erste Kontaktaufnahme ist, zumindest vordergründig, die Suche nach einer Unterkunft. Denn wenn die Frauen aus ihrem Abhängigkeitsverhältnis, sprich vom Zuhälter, flüchten, stehen sie in der Regel auf der Straße.

Tatjana hat ihren Zuhälter in ihrer Heimat Rumänien getroffen. Die damals 18-Jährige verliebte sich in den verheirateten Familienvater, der ihr von der großen Liebe und einem Leben in Deutschland erzählte. Sie vertraute dem Polizisten, glaubte an eine gemeinsame Zukunft. Die jedoch wurde zum Martyrium. Eineinhalb Jahre lang wurde die junge Frau zur Prostitution gezwungen – in einer deutschen Großstadt nach der anderen, überwacht von zwei Mittelsmännern. Ihre letzte Station war Augsburg.

Im Stadtgebiet arbeiten aktuell rund 600 Prostituierte. Der Anteil der Migrantinnen liegt laut Kriminalkommissar Helmut Sporer bei über 80 Prozent. „Die meisten bleiben ein paar Wochen oder Monate und ziehen dann weiter“, sagt der Polizist. Er schätzt: Insgesamt arbeiten rund 2000 Frauen im Jahr temporär als Prostituierte in Augsburg. Bis zu 90 Prozent tun dies offenbar nicht freiwillig: „Die Dunkelziffer ist hier wahnsinnig hoch.“

Prostitutionsgesetz muss nachgebessert werden

Dass es in Europa immer mehr Opfer von Menschenhandel gibt, zeigt ein aktueller Bericht der EU-Kommission. 23.632 Opfer sind im Zeitraum von 2008 bis 2010 ermittelt worden. Während diese Zahl um 18 Prozent stieg, ging eine andere um 13 Prozent auf 1339 zurück: die der verurteilten Menschenhändler. Für sie ist Deutschland ein lukrativer Markt. Bislang hat es die Bundesregierung weder geschafft, EU-Vorgaben konsequent umzusetzen noch ihr Prostitutionsgesetz aus dem Jahr 2002 nachzubessern.

Jüngstes Beispiel ist die Forderung aus Brüssel, bis Anfang April eine Richtlinie gegen Menschenhandel, die eine europaweite Definition des Tatbestandes sowie einen besseren Schutz der Opfer vorsieht, umzusetzen. Sechs der 27 Länder haben diese in nationales Recht übertragen: Schweden, Finnland, Polen, Tschechien, Ungarn und Lettland – Deutschland ist nicht darunter. „Es gibt dazu noch unterschiedliche Vorstellungen in den Ministerien“, räumte Regierungssprecher Steffen Seibert kürzlich ein.

Deutsche Bordelle preisen ihre „internationalen Topmodels“ an

Deutsche Bordelle preisen indes online ihre „internationalen Topmodels“ an. Als „neu“ werden in einem Augsburger Etablissement etwa Ariana oder Maja beworben. Seitenweise Nacktfotos sollen die Kundschaft anlocken. Es ist noch nicht lange her, da posierte auch Tatjana auf einer dieser Seiten. Von 14 bis 3 Uhr morgens musste sie den Freiern in Augsburg ihre Dienste anbieten. Die bezahlen für den Eintritt ins Bordell rund 60 Euro, gegen weiteres Geld schlief Tatjana, die als „lolitahafter Typ“ begehrt gewesen sein soll, mit ihnen. Die Rumänin glaubte lange, das erwirtschaftete Geld sei am Ende doch für eine Zukunft mit dem Polizisten bestimmt. Doch sie wurde enttäuscht.

Vertrauen in die Behörden erschüttert

„Die Frauen befinden sich ständig in einem Spannungsfeld von Gewalt und Liebesversprechungen“, erklärt Sozialpädagogin Unterreithmeier. Sie sagt: Das Prostitutionsgesetz macht es Menschenhändlern zu leicht. 2001 verabschiedete die rot-grüne Regierung das Gesetz „zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten“. Das war eigentlich gut gemeint: Prostituierten sollte der Zugang zur Sozialversicherung erleichtert werden, sie sollten ihren Lohn einklagen können und ihre Arbeit vertraglich regeln. „In der Realität macht kein Zuhälter mit einer Frau einen Arbeitsvertrag“, sagt Unterreithmeier. „Die selbstbestimmte Sexarbeiterin mit Lohnsteuerkarte gibt es so gut wie nicht.“

Vermittlung von schnellem Sex ist erlaubt

Stattdessen wirkte die Legalisierung wie eine Einladung an organisierte Kriminelle, in den Menschenhandel einzusteigen. Die Vermittlung von schnellem Sex ist erlaubt, dass ein Zuhälter eine Frau zwingt, kaum nachzuweisen. Sagen die Betroffenen gegen ihre Peiniger aus, droht ihnen die Abschiebung. Zudem werden die Frauen massiv bedroht, sagt Kriminalkommissar Sporer. Dass der Familie in der Heimat etwas angetan werde, sei eines der beliebtesten Druckmittel. „Aussagen werden oft mehrfach geändert und die Menschenhändler bekommen am Ende eine milde Strafe.“

Alleine hätte sich Tatjana, die wieder in Rumänien lebt, wohl nie an die Ermittler gewandt, vermutet Unterreithmeier. Ihr Vertrauen in die Behörden ist erschüttert, schließlich war ihr Zuhälter ausgerechnet Polizist. Zwei Kolleginnen fanden den Mut und verwiesen auch auf Tatjanas Zwangslage. Es kam zum Prozess, an dessen Ende der wegen schweren Menschenhandels angeklagte Täter zwei Jahre auf Bewährung erhielt. Der Mann sei Ersttäter und habe das den Frauen abgenommene Geld in die Ausbildung seiner Kinder gesteckt, lautete die lapidare Begründung des Richters für das milde Urteil. Die Lebensbedingungen seien in Rumänien so schlecht, dass ein Beamter davon seine Familie kaum ernähren könne.

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