Analyse: Wie es nach dem Referendum jetzt weitergeht
Die griechische Regierung glaubt an einen „schnellen Deal“ mit den Geldgebern. Doch da täuscht sie sich wohl. Warum es für das Land nun noch schwerer wird.
Jean-Claude Juncker war der Erste, der ahnte, dass dieser Sonntag anders ausgehen dürfte, als von der EU erhofft. Schon vor dem Ende des griechischen Referendums am Abend bemühte sich der Kommissionspräsident, wieder Brücken nach Athen zu schlagen: „Ich verspreche, jedes Ergebnis zu respektieren – ob es ein Ja oder ein Nein ist.“ Dabei hatte nicht nur der Luxemburger noch am Freitag betont, dass sich die „griechische Position mit einem Nein dramatisch verschlechtern würde“.
In Brüssel und andernorts steht man am heutigen Montagmorgen nun vor der Herausforderung, die heftigen Wahlkampf-Parolen der vergangenen Tage einzusammeln, um die Grundlagen für neue Gespräche zu schaffen. Noch ist offen, wer auf welchen Ebenen wann welche Initiativen ergreifen könnte. Im Laufe des Vormittags tagen die Eurostaaten zunächst auf der Ebene der Fachbeamten. Eine Besprechung der Finanzminister im Rahmen der Eurogruppe erscheint zumindest wahrscheinlich. Im Frankfurter Tower der Europäischen Zentralbank (EZB) wird der Rat über eine mögliche Ausweitung des sogenannten Ela-Notprogramms beraten (bisher wurden den hellenischen Banken 90 Milliarden Euro gewährt), damit die hellenischen Banken vielleicht schon am Dienstag wieder öffnen können.
"Die Griechen haben die helfende Hand Europas ausgeschlagen"
Heute Abend reist dann Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Paris, um mit dem französischen Staatspräsidenten François Hollande über die nächsten Schritte zu beraten. Ein Sondergipfel mit den übrigen Staats- und Regierungschefs des Euroraums noch in dieser Woche liegt auf der Hand. Denn obwohl die Griechen so überraschend deutlich Nein zu den Forderungen der Geldgeber gesagt haben und dabei genau genommen einen Reformkatalog ablehnten, der gar nicht mehr auf dem Tisch liegt, steht die Zusage der Euro-Familie, Athen in der Währungsunion zu halten.
Zwar empfinden in Brüssel alle am Sonntagabend, was der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber im Gespräch mit unserer Zeitung so ausdrückt: „Die Griechen haben heute die ausgestreckte helfende Hand Europas ausgeschlagen. Mit dem Nein ist es schwerer geworden, eine Lösung für Griechenland zu finden.“ Das stimmt politisch wie auch vertragsrechtlich.
Nach dem Ende des zweiten Hilfsprogramms wäre jeder nächste Schritt ein drittes Hilfspaket, für das es nicht nur in Deutschland wenig Bereitschaft gibt. Ein solcher Beschluss liegt auch nicht allein in der Macht der Staats- und Regierungschefs oder ihrer Finanzminister. Dazu sind Mandate der nationalen Parlamente nötig. Und dort hat Griechenland alle Sympathien und jedes Vertrauen verspielt.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) wird ohnehin keine neuen Zusagen machen, solange die letzte ausstehende Juni-Rate über 1,6 Milliarden Euro nicht beglichen wurde. Bei der Europäischen Zentralbank (EZB) wartet man noch ab, ob Athen in der Lage ist, die Rate über 3,5 Milliarden im Juli zu zahlen.
Die Statuten der Eurobank lassen wenig Spielraum: Kommt kein Geld, werden die Kredite gekündigt. Griechenland wäre am Ende. Woher Premierminister Alexis Tsipras und sein Finanzminister Gianis Varoufakis deshalb den Optimismus nehmen, dass „ein Deal mit den Geldgebern innerhalb von 48 Stunden möglich“ wäre, ist nicht ersichtlich. Abgesehen vom IWF unterstützt auch keine Seite die Forderung der beiden nach einem Schuldenschnitt.
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