Asylrecht, subsidiärer Schutz: Flüchtlingsverfahren im Überblick
Das Asylrecht ist ein hohes Gut. Vielen Flüchtlingen hilft das allerdings nichts. Daneben gibt es noch zwei weitere Verfahren. Warum diese im Moment stärker im Fokus stehen.
Am Ende musste selbst die Kanzlerin beidrehen. Mit seinem Vorschlag, die Regeln für die Anerkennung syrischer Flüchtlinge zu verschärfen, hat Thomas de Maizière vielen in der Union aus der Seele gesprochen – und viele in der SPD verärgert. Was aber unterscheidet den „subsidiären Schutz“, von dem der Innenminister redet, denn von anderen Verfahren? Ein Überblick:
Asylrecht Nur wenige Staaten haben das Recht auf Asyl in ihren Verfassungen verankert – eine der Lehren aus der Nazi-Herrschaft, die viele Gegner des Regimes nur überlebten, weil andere Länder sie in ihrer Not aufnahmen. „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“, heißt es daher in Artikel 16 des Grundgesetzes – wobei jeder Flüchtling nachweisen muss, dass er persönlich aufgrund seiner politischen Ansichten, seiner Religion oder aus ähnlichen Gründen in seinem Heimatland unter staatlicher Repression leidet. Eine allgemeine Notlage wie Armut, ein Bürgerkrieg oder eine Naturkatastrophe rechtfertigen noch kein politisches Asyl.
Ein regierungskritischer Aktivist wie der Blogger Raif Badawi zum Beispiel, der in Saudi-Arabien für seine Überzeugung im Gefängnis sitzt, bekäme in Deutschland Asyl nach Artikel 16 – vorausgesetzt, er reist direkt mit dem Flugzeug ein und nicht über ein sicheres Drittland. Vor allem deshalb werde politisches Asyl „nur noch in Exotenfällen“ erteilt, sagt Bernward Ostrop von der Caritas. Von den gut 81000 Flüchtlingen, deren Anträge das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg zwischen Januar und Oktober angenommen hat, erhielten daher auch nur 1682 Asyl nach Artikel 16 – das einzige Grundrecht, das nur Ausländern zusteht. Es gilt zunächst für drei Jahre und erlaubt auch den Nachzug von engen Angehörigen – verbunden mit der Aussicht, dauerhaft in Deutschland bleiben zu können.
Genfer Konvention Die meisten Flüchtlinge werden im Moment auf Basis der 1951 verabschiedeten Genfer Flüchtlingskonvention aufgenommen. Sie hat keinen Verfassungsrang wie das Asylrecht, für die Betroffenen allerdings macht das praktisch keinen Unterschied. Auch sie dürfen zunächst drei Jahre bleiben, auch sie können nach ihrer Anerkennung Ehepartner oder minderjährige Kinder nachkommen lassen, auch sie haben das, was im Amtsdeutsch gerne eine „gute Bleibeperspektive“ genannt wird. „Die Unterschiede sind marginal“, sagt Caritas-Experte Ostrop.
Bei schweren Straftaten, zum Beispiel, könne die zuständige Behörde einem Flüchtling mit Genfer Status sein Aufenthaltsrecht etwas leichter aberkennen als jemandem, der durch Asyl nach Artikel 16 a geschützt ist. Wie das Asylrecht achtet auch die Genfer Konvention darauf, ob Menschen „wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung verfolgt werden“. Im Moment wird dieser Schutz vor allem Flüchtlinge aus Syrien gewährt – eine Praxis, die in der Union umstritten ist, die nach Ostrops Worten aber durch einschlägige Gerichtsurteile gedeckt ist. Seit Herbst vergangenen Jahres werden sie in einem vereinfachten Verfahren pauschal als schutzbedürftig anerkannt, ohne die eigentlich erforderliche Einzelfallprüfung.
Subsidiärer Schutz Verglichen mit dem Asylrecht und der Genfer Konvention hat er vor allem einen Nachteil: Flüchtlinge, die lediglich subsidiären Schutz genießen, dürfen nach dem Willen von Union und SPD künftig keine Angehörigen mehr hinterher holen. Außerdem erhalten sie zunächst nur für ein Jahr eine Aufenthaltserlaubnis. Das allerdings klinge strenger, als es tatsächlich sei, erläutert Bernward Ostrop. So lange sich die Situation in Syrien oder im Nordirak nicht fundamental ändere, müsse die Ausländerbehörde den Aufenthalt auch für diese Flüchtlinge nach dem ersten Jahr um zwei weitere Jahre verlängern: „Man erhöht also lediglich den Verwaltungsaufwand.“
Subsidiären Schutz erhalten Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten, die durch das Raster des Asylrechts oder der Genfer Konvention gefallen sind, die aber aus anderen Gründen nicht in ihre Heimatländer abgeschoben werden können – zum Beispiel, weil ihnen dort Folter, die Todesstrafe oder andere Gefahren für Leib und Leben drohen. Von Januar bis Oktober erhielten nach Auskunft des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge 1366 Menschen subsidiären Schutz, die meisten von ihnen kamen aus Eritrea, Afghanistan und dem Irak.
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