Bayerns Polizei wehrt sich gegen Trojaner-Affäre
Innenminister Herrmann weist Vorwürfe zurück, stoppt aber Einsatz umstrittener Software.
Alarmstimmung bei der bayerischen Polizei: Innenminister Joachim Herrmann (CSU), der Präsident des Landeskriminalamts, Peter Dathe, und Landespolizeipräsident Waldemar Kindler stemmten sich gestern Nachmittag gemeinsam gegen die Vorwürfe, die im Zusammenhang mit der möglichen Affäre um den Einsatz staatlicher Spionage-Software aus allen Ecken der Republik erhoben werden.
In einer eilig einberufenen Pressekonferenz betonte Herrmann: „Unsere Maßnahmen bewegten und bewegen sich stets im Rahmen der Legalität.“ Dathe versicherte, dass die eingesetzte Software ausschließlich auf das „Abgreifen“ der Telekommunikation ausgerichtet war. Kindler beteuerte, dass es sich in den fünf Fällen jeweils um schwere Kriminalität gehandelt habe.
In entscheidenden Streitpunkten allerdings agieren die obersten bayerischen Gesetzeshüter noch in der Defensive. Den Vorwurf des Chaos Computer Clubs, die von Bayern eingesetzte Software sei auch dazu geeignet, rechtswidrige Ausforschung zu betreiben, konnten sie noch nicht widerlegen. „Wir können das im Moment nicht nachvollziehen“, sagte Dathe. Die vom LKA eingesetzte Software – in allen Fällen auf Antrag der Staatsanwaltschaft und gestützt auf richterlichen Beschluss – sei stets genau auf das „Zielsystem“ abgestimmt gewesen. Herrmann sagte: „Das sind pauschale Vorwürfe, ohne dass klar wird, wo eigentlich das Problem liegt.“
Unterschiedlichen Rechtsauffassungen
Ein weiterer Streitpunkt ergibt sich aus einem Fall in Landshut, der bereits mehrfach im Landtag diskutiert worden ist. Zwar hatte das dortige Landgericht das Abhören der Telekommunikation via Internet für rechtmäßig, das Anfertigen sogenannter „Screenshots“ aber für rechtswidrig erklärt. Dieses Urteil ist nach Angaben der Grünen rechtskräftig. Herrmann spricht dagegen von „unterschiedlichen Rechtsauffassungen“, die erst noch höchstrichterlich überprüft werden müssten. Die Innenexpertin der Grünen, Susanna Tausendfreund, nennt diesen Standpunkt Herrmanns „ziemlich kaltschnäuzig“.
Die Grünen kritisieren außerdem, dass die Spionage-Software auch Zwecken dienen könne, die eindeutig verfassungswidrig sind – etwa das Einschalten von Kamera oder Mikrofon oder die heimliche Manipulation von Daten auf den Computern der überwachten Personen. Allein die Installation einer derartigen Software, so Tausendfreund, müsse „hellhörig“ machen. Der grüne Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz fragte: „Wenn alles rechtmäßig ist und wenn man sie gar nicht nutzen wollte, warum sind diese Funktionen dann in Auftrag gegeben worden?“
Diese und weitere Fragen werden in Landtag und Bundestag wohl noch für einige Debatten sorgen. Die Verantwortlichen in Bayern haben gestern schon mal erste Konsequenzen gezogen. Zunächst soll die strittige Software vom Bayerischen Datenschutzbeauftragten daraufhin untersucht werden, wozu sie eingesetzt werden kann. Außerdem verzichtet Bayern, so wurde gestern im Innenministerium versichert, auf den Einsatz der Spionagesoftware.
Innenminister Herrmann machte allerdings auch klar, dass er vor den Problemen, die aus den neuen Techniken erwachsen, nicht zurückweichen werde. Statt Telefon benutzten Straftäter vermehrt verschlüsselte Kommunikationswege. Herrmann: „Sollen wir davor kapitulieren und sagen, da findet keine Überwachung statt? Da sage ich: Das kann nicht sein.“
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