Behörden warnen vor Terroranschlägen in deutscher Provinz
Es muss nicht der Frankfurter Flughafen oder das Brandenburger Tor sein. Behörden warnen, dass sich radikale Islamisten auch Anschlagsziele in der Provinz suchen könnten.
Nicht nur in großen deutschen Städten könnten Terroranschläge radikaler Islamisten passieren. Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden drohen Terroranschläge auch auf dem Land und in der Provinz. "Jeder Ort in Deutschland" könne zum Ziel von Einzeltätern oder Rückkehrern aus den Kampfgebieten in Syrien oder im Irak werden, warnt der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. Um eine Gesellschaft im Kern zu verunsichern, seien auch Szenarien abseits der Metropolen denkbar. Möglicherweise sei "alles, was rund ums Brandenburger Tor geschieht" zunächst aber einmal medienwirksamer.
Attentäter könnten in die deutsche Provinz ausweichen
Terroristen wählten bevorzugt leicht zugängliche und stark besuchte Ziele aus, wie der misslungene Kofferbomben-Anschlag im Jahr 2006 auf einen Regionalzug in Richtung Koblenz und ausländische Fälle zeigten. Potenzielle Attentäter könnten zudem vielleicht gerade deshalb "in die Provinz" ausweichen, weil etwa in Berlin alles stark von Polizei und Kameras überwacht sei.
Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagte der dpa, die Sicherheitsbehörden sollten stärker das Gespräch mit Internetprovidern und sozialen Netzwerken suchen, da sich hierzulande junge Muslime oft im Internet radikalisierten. Dies habe er auf der letzten Innenministerkonferenz seinen Kollegen vorgeschlagen.
Abstrakte Gefahr geht von Kriegsrückkehrern aus
Von Kriegsrückkehrern gehe "eine abstrakte Gefahr" aus, sagte Pistorius. Anschläge wie im Mai in Brüssel mit vier Toten oder jüngst in Sydney mit zwei Todesopfern seien Belege dafür, "wozu diese Ideologie einige, verführbare Menschen verleiten kann".
Laut Verfassungsschutz sind inzwischen mindestens 550 Extremisten aus Deutschland nach Syrien und in den Irak ausgereist - und rund 180 zurückgekehrt. Befürchtet wird, dass radikalisierte Rückkehrer in Deutschland und anderswo Anschläge begehen könnten. Lewentz sagte, die Rückkehrer seien teilweise traumatisiert, an der Waffe ausgebildet oder auch geübt im Umgang mit Sprengstoff. "Das sind tickende Zeitbomben."
60 Islamisten aus Deutschland bislang gestorben
Rund 60 Islamisten aus Deutschland sind laut Verfassungsschutz bislang in Syrien und im Irak gestorben. Mindestens neun sprengten sich bei Selbstmordanschlägen in die Luft.
Brandenburgs Verfassungsschutz-Chef Carlo Weber sagte der Deutschen Presse-Agentur, die größte Gefahr in Deutschland gehe vermutlich von radikalisierten Einzeltätern aus, die gerade über keine Struktur und Organisation verfügten. "Das macht es uns besonders schwer."
Die stark gewachsende Szene der Salafisten zählt nach Schätzungen des Verfassungsschutzes aktuell 7000 Mitglieder - vor wenigen Jahren waren es lediglich 2800. Dazu sagte Lewentz: "Salafismus bedeutet eine totale Gegnerschaft zum freiheitlichen Rechtsstaat. Und deswegen sind wir da mehr als aufmerksam." dpa/AZ
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