Besuch in einer gespaltenen Stadt
Vor drei Monaten starb in Chemnitz ein Deutscher nach einer Messerattacke. Die Täter sollen Asylbewerber sein. Nun reiste Angela Merkel dorthin – und erntete viel Kritik
Wenigstens die Nachwuchsbasketballer waren begeistert. Die Oberbürgermeisterin dagegen – ziemlich skeptisch. Die Demonstranten – sogar ziemlich ausfallend. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat mit ihrer Visite am Freitag in Chemnitz wie schon bei vorherigen Besuchen in Sachsen polarisiert. Drei Monate nach dem gewaltsamen Tod eines jungen Mannes durch eine Messerattacke – vermutlich von Asylbewerbern – und den folgenden rechten Demonstrationen mit fremdenfeindlichen Übergriffen bekam die Regierungschefin von Bürgern kritische Fragen gestellt. Bei einer Debatte mit Lesern der Tageszeitung Freie Presse verteidigte sie ihre Flüchtlingspolitik, räumte aber auch Versäumnisse und Fehler ein.
Merkel resümierte nach der Fragerunde: „Ich habe heute ein Gesamtbild bekommen.“ Bei der Diskussion wurde sie auch mit der Frage konfrontiert, warum sie nicht eher gekommen sei. Sie habe die Stadt nicht in einer so aufgewühlten Stimmung besuchen wollen, antwortete Merkel, schließlich habe sie ein Gesicht, das auf viele polarisierend wirke. Zwischen einem leichten Aufgalopp beim Training von Nachwuchsbasketballern und der Bürgerrunde hatte sich die Kanzlerin mit dem Gastwirt Uwe Dziuballa vom jüdischen Restaurant Schalom, dem Theaterintendanten Christoph Dittrich und der Chemnitzer Polizeipräsidentin Sonja Penzel getroffen. Mit dabei waren überdies Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (SPD).
Während Merkel in der Debatte in der Hartmannfabrik diskutierte und argumentierte, waren von einer Demonstration der rechtspopulistischen Bewegung Pro Chemnitz mit hunderten Teilnehmern Parolen wie „Merkel muss weg!“ und „Volksverräter“ auch im Saal zu hören. Dieser Kundgebung hatte sich Pegida Chemnitz/Erzgebirge angeschlossen. Eine sogenannte „Merkeljugend“ hatte zudem bei einer Versammlung am Hauptbahnhof mit T-Shirts und Jacken mit der Aufschrift „Geil Merkel“ sowie einem Transparent mit „Heil Merkel“ für ein Eingreifen der Polizei gesorgt. Bei mehreren Personen sei die Identität festgestellt worden, sagte eine Polizeisprecherin.
Abseits der Demonstrationen waren die Meinungen über den Besuch der Regierungschefin gespalten. „Ich finde es ganz gut, dass die herkommt, damit die auch weiß, was hier abgeht mit den ganzen Demonstrationen“, sagte eine Frau in der Innenstadt. Eine andere Passantin hingegen zeigte sich enttäuscht, dass Merkel so spät kam. „Denn der Rechtsruck ist nur die Folge von dem, dass unsere Menschen nicht beachtet werden“, betonte sie.
Vergleichsweise leichtes Spiel hatte die Kanzlerin hingegen zum Auftakt ihres Besuchs. Nach einem Showtraining von Nachwuchsbasketballern des Zweitligisten Niners Chemnitz schwärmten die Talente von einer lockeren Gesprächsrunde in der Sporthalle auf Turnhallenbänken und Hockern. Das sei ein tolles Erlebnis für alle Spieler gewesen, sagte der 17-jährige Robert Marmai. In der Fragerunde seien sowohl Alltagsthemen als auch die Ereignisse von Ende August zur Sprache gekommen. Die Kritik am Zeitpunkt des Kanzlerinnen-Besuchs ließ den U19-Spieler kalt: „Schlussendlich war sie jetzt da.“
Nicht ganz so leicht war die Oberbürgermeisterin zu überzeugen. Es lasse sich noch nicht sagen, ob der Besuch mehr als eine Geste und für die Stadt eine Unterstützung sei. „Entscheidend dafür ist, ob die Bundeskanzlerin einen Beitrag dazu leisten kann zu zeigen, dass Chemnitz anders ist als der vielfach transportierte Eindruck der vergangenen Wochen“, sagte Barbara Ludwig. Sie betonte, Chemnitz sei eine sichere, lebenswerte, eine internationale Stadt. Martin Kloth, Claudia Drescher und Sven Braun, dpa
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Die Folgeschäden der "Merkel-Politik" seit 2005 werden nicht nur für die BRD fatal sein.