Betreuungsgeld ist eine Anerkennung für die Erziehung
Bayern zahlt weiter und darf das auch. Aber das Karlsruher Urteil zum Betreuungsgeld ist eine schwere Niederlage für die CSU. Wie wär’s mit einer ideologischen Abrüstung?
Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts flammt der alte, mit einigem ideologischen Eifer geführte Streit um das Betreuungsgeld neu auf. Zwar haben Deutschlands höchste Richter das Gesetz nur aus formalen Gründen kassiert. Die eigentliche Botschaft aus Karlsruhe lautet ja: Überlasst den Ländern, was deren Sache ist. Aber es war zu erwarten, dass diese an die Adresse Berlins gerichtete Lektion in der öffentlichen Debatte untergehen würde.
Viel lieber nehmen die Parteien jenen Glaubensstreit um das Betreuungsgeld wieder auf, der vorübergehend auf Eis gelegt war und nun wieder dazu genutzt wird, konträre gesellschaftspolitische Positionen publikumswirksam zu illustrieren. Das gilt für die CSU, die ihren Wahlkampfschlager von Anfang an als Beweis ihrer konservativen Gesinnungstreue und ihrer bundespolitischen Durchsetzungskraft präsentiert hat. Das gilt für die Phalanx von SPD, Grünen und Linkspartei, die das Urteil zur Absage an das Betreuungsgeld uminterpretiert. Wobei die SPD ausblendet, dass sie das Prestigeprojekt der CSU 2013 aus purem Koalitionskalkül mitgetragen hat und die Rüge der ganzen Bundesregierung gilt.
Seehofers CSU ist die große Verliererin
Die Mitverantwortung von CDU und SPD an dem schlampigen, nun vom Tisch gefegten Gesetz ändert jedoch nichts daran, dass die CSU als die große Verliererin dasteht. Seehofer hat das Betreuungsgeld mit der Brechstange erzwungen und damit – wie im Fall der ebenfalls vom Scheitern bedrohten Ausländermaut – aller Welt zeigen wollen, was die CSU bundesweit zu bewegen versteht. Wenn der Bund diese Familienleistung streichen muss, so kommt dies automatisch einer Niederlage für die CSU gleich.
Darin und in dem damit einhergehenden gefühlten Bedeutungsverlust der Partei auf Bundesebene liegt nun das Problem Seehofers. Die CSU wird das Betreuungsgeld aus der gut gefüllten Kasse Bayerns weiterbezahlen – alles andere wäre ja auch absurd, nachdem das Land hierfür freie Hand hat. Doch dürfte jeder Versuch, das nötige Geld aus der Bundeskasse abzuzapfen, am Widerstand der SPD scheitern. Nicht nur, weil die SPD (und große Teile der CDU) das Geld in den Ausbau der Kindertagesstätten stecken wollen. Sondern auch, weil der Bund damit für eine Leistung zahlen würde, die nicht in seine Zuständigkeit fällt.
Kurzum: Wenn Bayern jenen 100.000 Familien, die ihr kleines Kind bis zum Alter von drei Jahren lieber zu Hause betreuen wollen, auch künftig mit 150 Euro im Monat unter die Arme greifen will, dann muss es dafür auch mit eigenen Mitteln aufkommen.
Im Übrigen wäre in dieser Debatte eine Art ideologischer Abrüstung ratsam. Eine hinreichend große Zahl von Kita-Plätzen ist notwendig, um Beruf und Familie besser unter einen Hut bringen zu können. Und natürlich profitieren viele Kinder gerade auch aus Migrantenfamilien und sozial schwächeren Familien davon, wenn sie früh in einer öffentlichen Einrichtung gefördert werden.
Betreuungsgeld als kleine Anerkennung der Erziehungsleistung
Aber man muss schon ein unbedingter Gegner des herkömmlichen Familienmodells sein, um im Betreuungsgeld einen Anschlag auf die Gleichberechtigung der Frau und eine gezielte Förderung „traditioneller Rollenmuster“ zu sehen. Verächter der „Herdprämie“ (was für ein Schmähbegriff!) tun ja so, als ob die staatliche Betreuung grundsätzlich besser sei als in der Familie.
Und wie viele berufstätige Mütter bleiben wegen 150 Euro daheim? Der Staat zahlt Elterngeld und fördert den Kitabau – gut so. Warum soll er nicht jenen Eltern, die ihre Kinder daheim betreuen wollen, eine kleine Anerkennung für diese Erziehungsleistung (mehr ist es ja nicht) zukommen lassen? Schließlich soll jeder mit dem Familienmodell leben können, das er für richtig hält.
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