Das Ende der Schonzeit im Präsidentschaftswahlkampf
Nach den Attentaten von Toulouse ist der Präsidentschaftswahlkampf ein anderer.
Einige Tage nach den Attentaten von Toulouse haben Frankreichs Präsidentschaftskandidaten ihre Kampagnen wieder aufgenommen und zur alten Angriffslust zurückgefunden. Beides hatte die Mehrzahl der Bewerber offiziell ausgesetzt, nachdem Mohamed Merah drei Soldaten, drei Kinder und einen jüdischen Religionslehrer getötet hatte und schließlich von der Polizei erschossen worden ist. Gegen Merahs älteren Bruder Abdelkader hat die Justiz ein Klageverfahren wegen Mittäterschaft eingeleitet. „Nach unseren Erkenntnissen gab es keine Terrorzelle“, erklärte Präsident Nicolas Sarkozy.
Bislang ging es um Arbeitslosigkeit und Euro-Krise
Toulouse stellt einen Wendepunkt in einem Wahlkampf dar, in dem bislang wirtschaftliche Themen wie Arbeitslosigkeit und die Euro-Krise dominierten. Jetzt geraten die Innere Sicherheit und die Einwanderung in den Fokus. Meinungsforschern zufolge profitieren davon vor allem die Kandidaten der großen bürgerlichen Parteien. Die Rechtspopulistin Marine Le Pen wittert gleichwohl ihre Chance – als diejenige, die immer schon gewusst haben will, dass die „Masseneinwanderung“ zu einer Eskalation führen musste. Die Attentate seien Anzeichen für das Fortschreiten des „radikalen Islam“. Bei einem Auftritt in der Nähe von Nantes sagte die Kandidatin des Front National: „Wie viele Mohamed Merahs sind in den Schiffen und Flugzeugen, die jeden Tag in Frankreich ankommen, voll von Immigranten?“ Vor den Attentaten hatte sie versucht, ihre Partei für andere Themen neben dem Dauerthema Einwanderung zu öffnen.
Nicolas Sarkozy selbst präsentiert sich als Garant für Innere Sicherheit und konservative Werte wie Staatsautorität und Ordnung. In einem Radiointerview verteidigte er gestern den Geheimdienst und die Sicherheitskräfte, die die Gefährlichkeit Merahs nicht erkannt hatten. Nach seiner umstrittenen Ankündigung, das Ansehen von Terrorvideos im Internet strafbar zu machen, erklärte er, auch die Teilnahme an Kursen zur Indoktrinierung in Afghanistan werde er zum Delikt machen. Seinem Herausforderer von den Sozialisten, François Hollande, warf er Zögerlichkeit vor. Gewählt wird am 22. April.
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