Der Kleinkrieg um die Große Koalition schadet Deutschland
Union und SPD reden viel von ihrer Verantwortung für das Land. Dabei sind die Motive der Protagonisten alles andere als selbstlos. Geht es auch ohne sie? Ein Kommentar.
Wächst jetzt zusammen, was zusammen gehört? Das pathetische Getöse, mit dem Union und SPD seit Wochen die Notwendigkeit einer weiteren Großen Koalition begründen, erinnert ein wenig an Willy Brandts berühmten Satz aus dem Wendeherbst 1989. Zwei Parteien, uneins in der Sache zwar, aber einig im Ziel, aus Verantwortung für das Land natürlich, das eine stabile Regierung braucht und schon viel zu lange wie paralysiert wirkt: Selten waren Koalitionsverhandlungen so bedeutungsschwanger aufgeladen wie die zweite Runde der Gespräche, die CDU, CSU und SPD in den nächsten Tagen beginnen. Motto: erst das Land, dann die Partei. Oder, frei nach Donald Trump: Deutschland zuerst.
Union und SPD verfolgen egoistische Motive
Tatsächlich verfolgen alle drei Parteien weniger altruistische, sondern handfeste egoistische Motive – nur sagen mag das niemand so laut. Der Streit um die Nachbesserungen an den Sondierungsergebnissen, die der SPD-Parteitag am Wochenende eingefordert hat, ist so gesehen nur ein Stellvertreterstreit. Angela Merkel, Horst Seehofer und Martin Schulz haben ihre Gründe, warum sie die privaten Krankenkassen schützen oder schleifen wollen, warum sie für befristete Arbeitsverträge sind oder dagegen und warum sie den Familiennachzug streng reglementieren oder eher locker handhaben wollen. Am Ende aber geht es für alle drei auch um ein ungleich profaneres Ziel - ihr politisches Überleben.
In der SPD ist Schulz schon jetzt ein König ohne Reich, eine nachgerade tragische Figur, hoffnungsvoll gestartet und dann umso tiefer gefallen. Im Tagesgeschäft gibt inzwischen Andrea Nahles den Takt vor– strategisch, emotional, medial. Die Fraktionsvorsitzende hat dem Parteivorsitzenden in Bonn mit einer fulminanten Rede den Parteitag und fürs erste auch sein Amt gerettet. In dem Moment, in dem die Große Koalition scheitert, ist auch Martin Schulz gescheitert.
In der CDU ist Angela Merkel zwar angezählt, sitzt verglichen mit dem SPD-Chef aber noch fest im Sattel. Ihre Partei hat ihre programmatischen Ansprüche praktisch auf null heruntergeschraubt und verfolgt in den Koalitionsverhandlungen vor allem ein Ziel: das Kanzleramt zu verteidigen. Deshalb wird die CDU zu Zugeständnissen bereit sein, die die CSU so kaum akzeptieren kann – etwa in der Asylpolitik. Ein neuer Hauskrach in der Union ist also schon absehbar.
Die radikalste Lösung wären Neuwahlen
In der CSU hat Horst Seehofer nichts mehr zu verlieren. Die Koalitionsverhandlungen sind für seine Partei nur eine Etappe auf dem Weg zur Landtagswahl im Herbst. Hier steht für die Christsozialen ungleich mehr auf dem Spiel als jetzt in Berlin, nämlich ihr Nimbus der Unbesiegbarkeit. Weitere Zugeständnisse in der Flüchtlingsfrage verbieten sich für Seehofer damit von selbst. Seine Macht ist schon geronnen, umso erbitterter wird er nun seinen vielleicht letzten großen Konflikt austragen.
Wie Union und SPD vor diesem Hintergrund den Gemeinschaftsgeist entwickeln wollen, den jede Koalition braucht, um erstens gemeinsam, zweitens erfolgreich und drittens eine ganze Legislatur lang zu regieren, lässt sich im Moment nicht einmal erahnen. Die Situation ist verfahren wie lange nicht mehr. Mag sein, dass die drei Parteien sich nach einem zermürbenden Kleinkrieg um die letzten noch offenen Fragen irgendwie zusammenraufen, auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner und mit umso größerem Pathos. Die radikalste aller Lösungen aber wagen sie nicht einmal zu denken. Neuwahlen – und einen Neuanfang mit neuem Personal. Ohne Merkel. Ohne Schulz. Ohne Seehofer. Oder, frei nach Willy Brandt: Die Zukunft wird nicht gemeistert von denen, die am Vergangenen kleben.
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Die Diskussion ist geschlossen.
Nichts schadet, Herr Wais. Es gibt eine handlungsfähige Regierung. Die dürfte noch ein Stück besser sein, als die, die vielleicht kommt. Was da an Namen so alles zu lesen ist ...
Die dürfte noch ein Stück besser sein, als die, die vielleicht kommt. Was da an Namen so alles zu lesen ist ...
Saudumm nur, dass Ihre Meinung egal bei welcher Konstellation, niemand interessieren wird.
So schreiben eben die Linkspopulisten wenn sie merken, daß Ihnen hinten und vorne alles wegläuft.
Übrigens habe ich meine Posts, die nur noch bis Ende Februar ertragen werden müssen, zum Linksextremistisch, linkspopulistisch freien Raum erklärt. Heißt: Sie und Ihre Kollegen müssen sich jemand anders zur Ausstreung Ihrer defätistischen Beleidugen gen suchen. Hoffentlich nicht: auf Wiedersehen
So schreiben eben die Linkspopulisten wenn sie merken, daß Ihnen hinten und vorne alles wegläuft.
Sehr kurzsichtige Argumentation. Die Messe ist noch längst nicht gesungen.
Übrigens habe ich meine Posts, die nur noch bis Ende Februar ertragen werden müssen, zum Linksextremistisch, linkspopulistisch freien Raum erklärt.
Vermissen werde ich sie - Ihre Posts - nicht. Sie befürworten in ihnen immer wieder das Recht des Stärkeren - nie den Rechtsstaat - und zeigen, dass Sie Demokratie und Sozialstaat für linksextremistische Auswüchse halten. Ähnlich wie Ihr großes Vorbild Donald, dér beide zivilisatorische Errungenschaften in den USA gerade zerstört.
(edit/bitte diskutieren Sie sachlich und ohne Beleidigungen)
Union und SPD verfolgen egoistische Motive...
Gibt es im Qualitätsmanagement-Handbuch der AZ eine Anweisung, bis zur bay. LT-Wahl im Oktober bei der Formulierung von für die genannten Parteien eher negativen Textpassagen in Kommentaren und Artikeln unter keinen Umständen auch die CSU zu nennen?
Ich finde es wirklich erbärmlich, was die Jusos da veranstalten. Sie verlassen den Weg des Anstands mit ihrer Aufforderung für kurze Parteieintritte.
Abgesehen davon kann ich nicht nachvollziehen, wieso die SPD sich vor der Regierungsarbeit so drückt. Sie haben die Regierung zuletzt immer wieder um wichtige soziale Aspekte bereichert. Dass sie mit 20% keine großen (teils unausgegorenen) Forderungen durchsetzen können ist normal.
Statt die Schuld komplett auf andere abzuwälzen, sollte sie mal lieber wieder zu seriöser und umsetzbarer Politik zurückkehren, dann gäbe es vielleicht auch wieder mehr Wählerstimmen.
Sie haben die Regierung zuletzt immer wieder um wichtige soziale Aspekte bereichert.
Schön für die SPD. Nur - wie wurde es ihr gedankt?
wenn Herr Schultz Karackter hat hält er sein Versprechen und nimt Kein Amt in der guten Regirung Merkel ein um ihr zu schaden !! der Gabriel ist viel Besser und erfahrener wie der Mann aus Brüssel